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Fakten zur Aufführung 

DIE SACHE MAKROPULOS
(Leoš Janáček)
8. April 2012
(Premiere)

Oper Frankfurt


Points of Honor                      

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Im Banne der Diva

Wissenschaft und Alchimie, Aberglaube und Theologie vermengen sich. Wir schreiben jene Zeit, in der ein Astronom noch Horoskope berechnet und per Experiment Gold durch Blei entstehen soll, aus Lehm auch ein vitaler Golem. Um 1600 möchte der von Ausschweifungen erschlaffte Habsburger seinen Lenden aufhelfen und das eigene Leben verlängern. Ein Elixier muss her; Hieronymus Makropulos aus Kreta braut es zusammen, doch den Kaiser befallen Ängste, weshalb seinem Töchterlein Elina Makropulos der Zaubertrank gewaltsam eingeflößt wird.

Hier setzt die Oper Die Sache Makropulos von Leoš Janáček ein, die den Traum vom ewigen Leben thematisiert. Im Jahr 1922 kulminiert ein seltsamer Erbschaftsstreit, und eine ebenso schöne wie qualifizierte und berühmte Sängerin namens Emilia Marty gastiert in einer Kleinstadt. In der Kanzlei des Anwalts verspricht sie, verschollene Papiere aufspüren zu können und die verknäulten Fäden aufzudröseln. Doch sie stiftet noch mehr Verwirrung und sogar Unheil, das im Selbstmord eines in sie verliebten Jünglings gipfelt und sie selbst dem Ende nahebringt. Denn das Elixier verliert nach reichlich 300 Jahren seine Wirkung, und EM, auf welches Kürzel sich die verschiedenen Alias-Namen subsumieren lassen, zerbricht an ihrer gescheiterten Vita. Die Antwort des Komponisten ist eindeutig: ewiges Leben lohnt nicht.

In Frankfurt inszeniert Richard Jones das 1926 in Brünn uraufgeführte Stück, dessen Libretto der Komponist nach einer Komödie selbst verfasst hat. Von der Komödie bleibt einiges an Situationskomik, aber der Ernst überwiegt im bösen Scherz, so skurril auch manche Figuren auftauchen mögen. Das Eröffnungsbild – Bühne und Kostüme stammen von Anthony McDonald – zeigt einen realen Hühnerhof, in dem Elina/Emilia Eier sammelt und das Federvieh füttert. Plötzlich flößen ihr würdige Männer einen Saft ein. Szenenwechsel; eine schäbige Anwaltskanzlei um 1922, im Hintergrunde fährt die Straßenbahn, Bleistifte werden gespitzt und im Kamin flackert ein dürftiges Feuer. Hier spielt sich das Drama ab, denn die Streithansel prallen aufeinander und der attraktiven Sängerin Faszination wird für Männer zum Debakel, das Ende für alle zum blanken Entsetzen.

Das illustriert die exzessiv ausgearbeitete Musik, die Friedemann Layer mit dem Frankfurter Museums- und Opernorchester intensiv und explosiv bis hin zum zeitweiligen Überdecken der Sänger präsentiert. Natürlich behauptet sich der dramatische Sopran von Susan Bullock immer, sie glänzt in der Titelpartie und drückt dem satirischen Drama über gleichermaßen großes Spiel und Gesang den Stempel auf. Ihr zur Seite und teilweise zu Füßen steht und liegt die Männerwelt. Alle sind mit ihr irgendwie verwandt oder verbandelt im beziehungsreichen Leben, dessen fiktive Genealogie im Programmheft aufgedröselt wird, als spiegele sie das reale Leben.

Gesungen wird in Frankfurt sehr gut. Tenor Paul Groves überzeugt als Prozesshansel Albert Gregor, sein Kontrahent Jaroslav Prus wird von Johannes Martin Kränzle mit eindrucksvollem Charakterbariton vorgestellt; sein Sohn Janek erhängt sich, der Sängerin verfallen; Aleš Briscein überzeugt ebenso wie Jan Markvart mit intensivem Tenor als Kanzlist Vitek, dessen Tochter Kristina, bezaubernd interpretiert von Christiane Karg, bewundert die Starsängerin und verliert ihren vom Sturm der Gefühle verwirrten Janek. Ja, das Leben ist hart. Nur zwei behalten die Übersicht. Anwalt Dr. Kolenatý, dem Dietrich Volle einen sonoren Bariton leiht, und der verrückte Ex-Liebhaber Hauk-Šendorf, dem Spieltenor Graham Clark parodistisch-anrührende Züge verleiht.

Das Premierenpublikum hat die überzeugende Produktion entsprechend gewürdigt.    

Eckhard Britsch







Fotos: Barbara Aumüller