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Fakten zur Aufführung 

KÖNIGSKINDER
(Engelbert Humperdinck)
30. September 2012
(Premiere)

Oper Frankfurt


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

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Traurige Winterreise

Alles könnte so schön sein. Ein Königssohn verlässt seinen goldenen Käfig, um auf der Wanderung durch die Welt zu sich selbst zu finden. Auch will er verstehen lernen, was die Gesellschaft so umtreibt, damit er ein guter und gerechter Herrscher werden könne. Zudem begegnet ihm die große Liebe, wenn er auf eine zauberhafte Gänsemagd trifft. Doch die ist im Bannkreis ihrer Ziehmutter-Hexe gefangen. Der unreife Königssohn zieht weiter. Und so weiter, denn zwischendurch finden sich die Liebenden, doch die Stadt Hellawald verstößt die beiden in ihrer ärmlichen Verkleidung, obwohl die Bürger dringlich einen König ersehnen. Der Weg zurück ins angenehme Schloss-Leben ist verborgen, der Tod wartet auf die Liebenden.

Die Oper Königskinder von Engelbert Humperdinck steht im Schatten des populären Erfolgsstücks Hänsel und Gretel. Völlig zu Unrecht, denn die plastische Musik ist von ausnehmender Schönheit; süffig über weite Teile, so dass man sie völlig losgelöst vom Bühnengeschehen genießen könnte, zumal dann, wenn sie so aufregend emotional aufbereitet wird wie in Frankfurt im Dirigat von Sebastian Weigle. Einige Leitmotive weisen den Weg, das Raffinement der Instrumentierung zeigt auf Strauss und der ariose Touch gibt dem Sängerensemble dankbare Aufgaben, denn Humperdinck modelliert Stimmungen ganz exzellent: vom zarten Glück bis zum depressiven Schmerz, von naiver Neugier bis zur tödlichen Kälte.

Und Regisseur David Bösch, in seiner Inszenierung etwas unentschlossen, ob er ein Märchen für Erwachsene oder doch eher eine gesellschaftskritische Metapher für Eigensucht und Vordergründigkeit der Menschen auf die Bühne bringen will, lässt den Sänger-Darstellern Raum. Den nutzen die beiden Königskinder exzellent, denn Amanda Majeski zeigt in ihrem Frankfurt-Debüt die Figur der Gänsemagd voller Anmut und zarter Ausstrahlung, und die lyrischen Bögen ihrer Sopranstimme verzaubern. Tenor Daniel Behle, hier von jungenhaft-naiver Ausstrahlung, singt den Königssohn kunstvoll in jugendlich-dramatischer Linie, mit feinen Bögen und glückhaftem Strömen. Großartig auch der lyrische Bariton Nikolay Borchev in der Partie des Spielmanns, signifikant die Gestaltung der Hexe im dramatischen Mezzo von Julia Juon. Viele kleinere Partien zeugen vom Niveau des Ensembles. Sehr stark auch die Leistung des von Matthias Köhler einstudierten Opernchors und ein Juwel der Kinderchor, dem Michael Clark und Felix Lemke Profil geben.

Das Märchenspiel findet im aufs Wesentliche reduzierten Bühnenbild von Patrick Bannwart mit den stimmigen stilisierten Kostümen von Meentje Nielsen einen passenden Rahmen. Die bösen Bürger von Hellawald kriechen wie Ratten aus ihren Löchern, da wird der Ort zu Höllastadt, aus überdimensionierter Kanne strömt der Wein von oben durch den Schlund des Mobs. Und die Hölle wartet auf die Liebenden, denn ihre Winterreise, nachdem sie mit Schimpf aus der Stadt gejagt sind, endet in der Eiseskälte einer (fast) leeren Bühne. Dort geben sie sich im Wahn, nachdem sie die güldene Krone für ein verhextes Stückchen Brot versetzt haben, noch per Dolch den Todesstoß, was das Erfrieren beschleunigt. Das schmerzliche Ende, das den Zuschauer durchaus mitnimmt, so dicht wird gespielt, wird geradezu parodiert, wenn die Kinder Buchstaben hochhalten, die sich in etwa zu „Haeppie Äntt“ formieren.

Ein bisschen albern, zumindest erschließt sich der Gag nicht so recht. Vielleicht aber nur ein vorgezogener Hinweis darauf, dass das Publikum die Märchen-Stätte weitgehend beglückt, von wenigen Buhs für die Inszenierung abgesehen, verlässt.

Eckhard Britsch

Fotos: Wolfgang Runkel