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Fakten zur Aufführung 

GÖTTERDÄMMERUNG
(Richard Wagner)
5. Februar 2012
(Premiere am 29. Januar 2012)

Oper Frankfurt


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Die Herrin der Ringe

Ein albernes Bild, wenn Siegfried in der Blech-Badewanne, wie wir sie noch aus Uromas Zeiten kennen, lümmelt und sich frisch macht, damit er frohen Mutes in die Welt hinaus ziehen kann? Naturgemäß ist seine Brünnhilde etwas skeptisch, denn wer fürchtet nicht um den tollen Gatten, wenn er hinaus zieht in die weite Welt, um irgendwelche heroische Taten zu vollbringen? Nein, es ist ganz einfach irdisch und menschlich, was Vera Nemirova an der Oper Frankfurt zum Abschluss ihrer Ring-Inszenierung  mit der Götterdämmerung zeigt. Wieder gelingt ihr eine Entmythologisierung, denn die Figuren werden vom Podest verquaster Wagner-Überhöhung heruntergeholt, um im Hier und Heute davon zu künden, dass Gefährdung allgegenwärtig ist.

Auf was wäre Verlass? Der Rhein ist auch nicht mehr das, was er – vielleicht -  einmal war; Woglinde, Wellgunde und Flosshilde, von Britta Stallmeister, Jenny Carlstedt und Katharina Magiera in perfekter Anstimmung dargestellt, halten im Gummifloß nach Greenpeace-Manier ein Schild hoch: „Rettet den Rhein“. Siegfried kümmert’s wenig, er lässt sich mit den Ruderschlägen der hübschen Mädels treiben. Brünnhilde? Weit weg, ihn dürstet nach Aktion.

Wieder „trägt“ die Frankfurter Bühne von Jens Kilian das Geschehen. Vier konzentrische, gegenläufig drehbare und in der Schräge verstellbare Ringe umschließen die zentrale, enge Scheibe. Brünnhildes Feuerring – das sind Teelichter, wie vom schwedischen Zulieferer; und Gunther hat Durst, zum Glück steht ihm ein Bar-Tresen zur Verfügung, an dem sich auch Gutrune und Hagen gütlich tun; sie alle sind gebrochene Figuren, die im ordentlichen Anzug den bürgerlichen Schein aufrecht erhalten und im Wohlstandsalkoholismus den Weltschmerz bekämpfen – Ingeborg Berneth kostümiert angemessen und individuell.

Was in Frau Nemirovas Sicht so einnehmend wirkt, dass nirgends Vergröberung oder Holzhammer benötigt werden, wenn sie – nur als Beispiel - mit leichter Ironie das Walkürenross Grane als liebenswertes Spielzeugpferd platziert. Eine leichte Morbidität, der Schmerz, die Trauer und das Scheitern aus der Unfähigkeit heraus, Macht gegen Menschlichkeit zu tauschen, durchzieht die Götterdämmerung und sind eingebettet in Bewegungsabläufe, die die Herrin der Ringe den Protagonisten zuordnet.

Musiziert wird überragend, denn Sebastian Weigle vermag mit dem Frankfurter Opern- und Museumsorchester zu zaubern, so geschliffen und süffig zugleich leuchten die Wagner-Klänge auf. Die erstrangige Solisten-Besetzung nimmt selbstbewusst Maß. Lance Ryan als Siegfried hat heldische Kraft, Timbre und Abstufungen zu bieten; Susan Bullock, die Brünnhilde, überzieht am Ende ein wenig ihren Gestaltungswillen, zeichnet aber Größe und Intensität; der Bariton von Johannes Martin Kränzle als Gunther hat Charakter und klare Linienführung, der Hagen von Gregory Frank besticht durch stabile Klarheit, während Anja Fidelia Ulrich der Gutrune Durchsetzungswillen zumisst. Die intensive Alberich-Gestaltung von Jochen Schmeckenbecher und die dramatische Aufkantung der Waltraute durch Claudia Mahnke sind ebenso Pluspunkte wie die Nornen mit Meredith Arwady, nochmals Claudia Mahnke und Angel Blue. Und der von Matthias Köhler einstudierte Chor hat bestes Format.

Am Ende einhelliger Jubel, und das komplette Ring-Personal darf sich zeigen. Frankfurts Bürger sind sich einig, dass mit diesem Ring des Nibelungen  Theatergeschichte geschrieben wird. Aber in unserer nüchternen Welt sollte man mit Euphemismen dennoch sparsam umgehen.

Eckhard Britsch

Fotos: Monika Rittershaus