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Fakten zur Aufführung 

KULLERVO
(Aulis Sallinen)
24. Juni 2011
(Premiere: 5. Juni 2011)

Oper Frankfurt


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Karelischer Mythos

1992 in Los Angeles von der Finnischen Nationaloper uraufgeführt, erlebt Sallinens Oper nach dem finnischen Kalevala ihre akribisch vorbereitete deutsche Premiere in Frankfurt.

Christof Nel inszeniert ganz im Geist der karelischen düsteren Mythen: grüblerisch Zeiten durchdringend, wechselnd von Traum zu „Wirklichkeit“. Es entsteht eine statisch reflektierende Abfolge von Szenen des verachteten, brutalen, geopferten Kullervo mit Rückblenden, imaginären Auseinandersetzungen mit seinem alter ego Kimmo, seiner Mutter, seiner Schwester, der getöteten jungen Frau – alles Folgen einer mörderischen Sippen-Kontroverse. Das von Alexis Kivi im 19. Jahrhundert sublimierte Werk ist Folie einer individuellen und gesellschaftlichen „Menschheitsgeschichte“ – erinnert an alttestamentarische Texte, aber auch an unsterbliche Märchenmotive – und an den „naiv“ scheiternden Siegfried. Christof Nel gelingt ein langer Abend assoziationsmächtiger Meditation!

Jens Kilian baut eine abstrakte Bühne, schafft Kommunikationsräume für zurückgenommene Auftritte und aufblitzende seelische Eruptionen.

Aulis Sallinens Musik besteht auf der Kraft der Tonalität, setzt kontrastierend intensive Cello-Tutti gegen hämmerndes Schlagwerk, schafft eine „Theatermusik“ als tönende Interpretation des archaischen Textes - und mit stimulierenden Angeboten für die Sänger-Darsteller!

Ashley Holland verkörpert einen zerquälten Kullervo mit all seinen Belastungen, Erinnerungen, Aggressionen – emotionalisierend in Präsentation und differenzierender Artikulation! Peter Marsh gibt dem Kimmo reflektierende Nachdenklichkeit. Heidi Brunners „Mutter“ beeindruckt durch tröstend-hilfloses Mit-Leiden, findet zu adäquatem stimmlichen Ausdruck mit bezwingend-emotionalem Klang. Barbara Zechmeister vermittelt mit ihrer ungemein gestaltungsfähigen Stimmkultur das Bild einer hoffnungslos warnende Schwester. Das Ensemble der Frankfurter Oper beeindruckt in allen Rollen mit staunenswerter stimmlicher Kompetenz – und kompromisslosem Engagement für ein höchst komplexes Werk!

Der junge Karsten Januschke leitet das gut vorbereitete Frankfurter Opern- und Museumsorchester mit Bravour durch die kommunikativen Sallinen-Kontroversen, schafft Dispute zwischen den Instrumenten-Gruppen und führt die Musiker zu identifizierbarem Gesamtklang: Der Respekt vor Sallinens so intensiv-interpretierender Musik ist permanent hörbar!

Das Frankfurter Publikum braucht einige Zeit, um sich in den Duktus von Handlung, Sprache und Musik einzufinden – bis auf einige Ignoranten folgt das Auditorium gebannt dem gedankenreichen Angebot, dankt mit herzlichem Applaus – und nachfolgenden Gesprächen.

Intendant Bernd Loebe lädt nach der Aufführung gegen 23.00 Uhr zu einem Publikums-Gespräch mit Heidi Brunner. Das ist gut!

Franz R. Stuke

 







Fotos: Monika Rittershaus