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Fakten zur Aufführung 

"VENEZIA" MIT DONNA LEON
in der Reihe:
Alte Musik bei Kerzenschein
28. Januar 2012

Philharmonie Essen


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Händel, Complesso Barocco
und Commissario Brunetti

Die einen freuen sich auf Händel, die anderen erwarten mit Spannung Donna Leon, wieder andere hoffen mit Erinnerungen und Sehnsüchten auf einen Abend im Gedenken an Venedig. Ihnen allen wird etwas geboten.

Den Bogen von Händels Arien zu Donna Leons Kriminalromanen schlägt die Bestseller-Autorin selbst, sie ist seit vielen Jahrzehnten eine große Bewunderin der Musik Händels, in der sie „Hymnen der Fröhlichkeit“ entdeckt und ihnen mit viel Euphorie und „voller Demut“ begegnet.

Das Orchester Il Complesso Barocco, bestens vorbereitet auf Händels Musik, kann unter der fast lässigen, aber genauen Leitung von Alan Curtis diese Fröhlichkeit mit Eleganz und Leichtigkeit vermitteln. Wenn sich dann im Wechsel die kanadische Sopranistin Karina Gauvin hinzugesellt, bietet dieses Ensemble ein Händel-Programm, das seines Gleichen sucht. Mit einer wundervoll weichen, hellen Sopranstimme bringt Karina Gauvin Arien und Rezitative aus Händel-Opern. Von der Arie der Cleopatra über Rezitativ und Arie „Che sento?“ aus Giulio Cesare bis zum „Ah, mio cor“ spannt sie einen klangvollen Bogen Händelscher Opernmusik. Für dieses Repertoire ist ihre Stimme ein Glücksfall. Vom leisesten, kaum hörbaren Pianissimo über bewegte Passagen bis zu dramatischen Akzenten im Fortissimo begeistert sie mit scheinbar müheloser, im Ansatz weicher und ausdrucksstarker Stimme. Alan Curtis und sein Orchester sind die perfekte Ergänzung zu diesem emotional so anrührenden Gesang. Die Musiker lassen der Sängerin hinreichend Spielraum, bleiben eher im Hintergrund und unterstreichen musikalische Bewegungen. Das Publikum ist hingerissen.

Donna Leon liest in Englisch von einem Stehpult aus Auszüge ihres Romans Acqua alta. Mit klarer Stimme beginnt sie fast im Stil eines Vortrags, eher streng im Ausdruck – ein Kontrast zur Musik Händels. Mit sparsamer Gestik der rechten Hand begleitet sie ihre Lesung. Erst allmählich gleitet sie in einen Erzählton hinüber, nun hat sie auch Kontakt zum Publikum, das mit leichten Reaktionen auf kleine Pointen reagiert. Im zweiten Teil des Abends wird endlich auch die Tonaussteuerung ihrer Lesung besser, im ersten Teil beschwerten sich zahlreichen Zuhörer über einen „schlechten“ Ton, schade. Gewalt, Blut oder schmutzige Verbrechen kommen in Donna Leons Kriminalromanen kaum vor. Wenn schon Blut, dann bitte auf einem edlen Teppich oder dem glänzenden Parkett eines venezianischen Patrizierhauses. Auch ihre Verbrechen passieren „nobel“ und werden ebenso gelöst, ohne Pistole oder Sondereinsatzkommando, aber mit Stil. „Nobilität“ ist ihr Stil, auch heute Abend.

Donna Leons Buchauszüge reichen jedoch nicht aus, um „venezianisches Gefühl“ in den Saal zu bringen, worauf manche Besucher warten. Auch das große Rund leuchtender Kerzen hinter dem Orchester kann kaum an die Bogenlampen des Markusplatzes erinnern, erst als Karina Gauvin ihre nächste Arie beginnt, kann man glauben, dass Händel dem Publikum mit seiner Musik „endlose Wonnen“ schenken wollte.

Dieser Abend bei Kerzenschein gehört Händels Musik, dem Orchester und der überragenden Sopranistin Karina Gauvin. So klingt auch der reichliche Beifall der begeisterten Zuhörer. Es ist ein stimmungsvoller Abend für Donna Leon – und mit ihr.

Horst Dichanz

 

Fotos: Philharmonie Essen