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Fakten zur Aufführung 

ORATORIUM "NIKOLAUS GROß"
(Stefan Heucke)
9. Oktober 2011
(Premiere am 7. Oktober 2011)

Bistum Essen


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Oratorium für einen Kämpfer

Nach der Uraufführung des Oratoriums „Nikolaus Groß“ von Stefan Heucke zwei Tage zuvor in Duisburg erleben die Zuhörer auch bei der Wiederholung am 9.10.2011 in der Philharmonie Essen eine hoch konzentrierte, musikalisch anspruchsvolle und thematisch bewegende Aufführung besonderer Qualität. Die Philharmonie Essen mit ihrer hervorragenden Akustik gibt dem Abend den angemessenen festlichen Rahmen.

Das Bistum Essen hatte 2008 bei Heucke dieses Oratorium in Auftrag gegeben, den Heucke gern annahm, weil er sich, obwohl Protestant, mit der Person Groß „spirituell identifizieren“ kann.

Das Bistum bezeichnet Nikolaus Groß (1898 – 1945) als „Kind des Ruhrgebietes“. Er schließt sich der christlich-katholischen Gewerkschaft an, die sein Leben nachhaltig beeinflussen sollte. Früh findet er während des Nationalsozialismus Kontakt zu Widerstandskreisen, die das Attentat auf Hitler vorbereiten. Er selbst ist daran nicht beteiligt, wird aber von der Gestapo verhaftet und am 23.1.1945 in Plötzensee hingerichtet - „durch den Strang“, wie es im 4. Teil des Oratoriums scharf heißt.

Aufgrund seines Glaubenszeugnisses während des Nationalsozialismus und während der Haft wird Groß am 7.10.2001 durch Papst Johannes Paul II. selig gesprochen. Den 10. Jahrestag dieser Seligsprechung feiert das Bistum Essen mit dem Oratorium, das „als Musik für einen Kämpfer“ dem Andenken von Nikolaus Groß gewidmet ist.

Heucke hat sein Oratorium „klassisch modern“ mit großem Orchester, einer Orgel und zwei Chören angelegt. Die Essener Aufführung bewältigt diese Dimensionen mit Bravour. Dirigent Graham Jackson führt die etwa 160 Mitwirkenden der Duisburger Philharmoniker jederzeit  sicher, mit Übersicht und dezent durch ein Werk, dessen Stimmungs- und Tempiwechsel, starke Akzente und ungewohnte Instrumentierungen die Zuhörer fesseln. Die Solisten geben der Geschichte des Nikolaus Groß viel persönliche Färbung. Tenor Tilman Lichdi betont in seinem eher kühl angelegten Sprecherpart den sachlichen Berichtscharakter, der dem Anliegen von Heucke durchaus entspricht. Caroline Melzers warmer Sopran zeichnet Elisabeth Groß als emotionale Stütze ihrer Familie, der Nikolaus Groß des sanften Bariton Sebastian Noack erscheint glaubwürdig und anrührend in seiner Entschlossenheit, der Bass des Sami Luttingen treibt mit entscheidenden Phasen der Geschichte, zum Beispiel der Mitteilung über das Attentat auf Hitler, die Handlung voran, unterstützt von starken Orchesterakzenten. Der Mädchenchor am Essener Dom und der philharmonische Chor Duisburg sichern die Grundstimmung des Oratoriums und bilden meist den Hintergrund für orchestrale Akzente.

Nachdem der Sprecher in scharfem Diskant von der Hinrichtung Groß berichtet; „… durch den Strang!“, intonieren die Chöre in strahlendem Dur „Der Gerechte aber wird durch seinen Glauben leben“ und beenden mit dem Choral „Nun darfst du in ihm leben…“ tröstend und bewegend einen musikalisch überzeugenden Abend auch für diejenigen, die mit dem Prozess der Seligsprechung als geistlicher Botschaft wenig anfangen können.

Sowohl Chordirigent Wippermann als auch Stefan Heucke betonen in Interviews ihr Anliegen, die Besucher des Oratoriums emotional anzusprechen. Das gelingt ihnen, dem Orchester und den Chören zweifellos hervorragend. Heucke als Komponist, sein Librettist Clemens Heucke und Dirigent Graham Jackson mit allen Musikern beweisen, dass es gelingen kann, zeitgenössische dramatische Ereignisse in eine oratorische Form zu gießen und überzeugend aufzuführen.

Die Zuhörer, die den Alfried-Krupp-Saal keineswegs füllen, erleben eine bereichernde, berührende Aufführung von hoher Qualität.

Horst Dichanz


Fotos der Duisburger Premiere: Nicole Cronauge/Foto Nikolaus Groß: Bistum Essen