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Fakten zur Aufführung 

ARIADNE AUF NAXOS
(Richard Strauss)
1. Dezember 2012
(Premiere)

Aalto-Theater Essen


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

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Nach der Premiere

Michael Sturminger inszeniert bereits zum dritten Mal im Aalto-Theater Essen. Mit seiner Arbeit ist er im Prinzip zufrieden. Und ist schon wieder auf und davon (4'33).


 

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Alle haben sich lieb

Also Ariadne auf Naxos war ein Erfolg, wenn auch kein kolossaler, die Meinungen sehr geteilt.“ Das schreibt Marie Fürstin von Thurn und Taxis – allerdings nicht über die Premiere im Essener Aalto-Theater, sondern am 27. Oktober 1912 an Rainer Maria Rilke. Geändert hat sich bis heute offenbar nicht viel. Michael Sturminger hat eine zweite Fassung der Ariadne auf Naxos mit einem eingespielten Team inszeniert. Wieder mal gibt es einen „fließenden Einstieg“. Während die Zuschauer den Saal betreten und Platz nehmen, wischt die Putzfrau den Bühnenboden fertig, sind die Züge herabgelassen und Bühnenarbeiter erteilen letzte Anweisungen. Derweil treffen nach und nach die Protagonisten ein. Die Bühne von Renate Martin und Andreas Donhauser gerät allmählich in einen bespielbaren Zustand. Dazu wird in der Mitte der Bühne ein „halber Felsen“ drapiert, auf dessen Rückseite mehrere Trittstufen gegengestellt werden, so dass sich so etwas wie zwei Bühnenbilder ergeben. Darüber ein Rahmen, der so breit ist, dass am Fuß noch die Kajüte des Inspizienten Platz hat. René Dreher schafft ein abwechslungsreiches und spannungsförderndes Licht, das immer wieder beeindruckende Effekte auslöst. Es entsteht die Illusion, dass jedes Mal, wenn sich die Drehbühne bewegt, etwas Neues auftaucht. Das ist interessant und hilft, die Szenen zu strukturieren. Während Ariadne und die Najaden von Martin und Donhauser in barockähnliche Kostüme gekleidet werden, treten die Komödiantentruppe und der Musiklehrer in zeitgenössischer Bekleidung an. Der Komponist könnte so etwas wie einen Anzug aus der Zeit Hofmannsthals und Strauss‘ anhaben, während Bacchus sich im weißen Anzug präsentiert. So ist alles durchstrukturiert und hilft dem Zuschauer, sich in dem turbulenten Durcheinander zurechtzufinden.

Zusätzliche Hilfe zum Verständnis bieten die deutschen Übertitel. Zunächst ein wenig irritierend, versteht man die Notwendigkeit recht schnell nach dem ersten Einsatz der Musik. Stefan Soltesz, Intendant und Generalmusikdirektor des Hauses, treibt die Essener Philharmoniker gleich auf „volle Kraft“ und lässt mit markigen Gesten keinen Zweifel daran, wer die Macht im Hause hat. Da bleibt für die Sängerinnen und Sänger wenig Spielraum für differenzierten Gesang, wenn sie sich gegen den Graben durchsetzen wollen.

Aber auch das, was von den Sängerinnen und Sängern zu hören ist, führt selten zu musikalischem Hörgenuss. Mark Weigel hat es da mit der Sprechrolle des Haushofmeisters noch vergleichsweise leicht. Es gelingt im weitgehend, die gedrechselte Sprache des Librettos ungekünstelt vorzutragen. Etwas bemüht wirkt da schon das Parlando des Musiklehrers Heiko Trinsinger. Unbeseelt erscheint der Komponist: Michaela Selinger trägt die Hosenrolle pflichtgemäß und entsprechend ihrer Fähigkeiten vor. Die rechte Ausstrahlung bleibt aus. Eindrucksvoller ist da schon Silvana Dussmann in der Rolle der Ariadne. Ihr Sopran schwingt sich leichterdings in die Höhen und bleibt auch in der Mittellage gut verständlich. Das ist insofern zu relativieren, als Dussmann eine überwiegend statische Rolle hat. Ganz anders Julia Bauer, die eine kecke und mit häufigem Augenzwinkern versehene Zerbinetta singt. Frisch und munter spielt sie auf. In ihrer Koloraturarie – mit Sicherheit einer der Höhepunkte, wenn nicht der Höhepunkt des Stückes – begeistert sie das Publikum, wenngleich es gerade in den Höhen hörbar an Volumen fehlt. Bacchus führt sich vom Balkon aus ein, um die tenorale Strahlkraft im Saal erschallen zu lassen. An der aber mangelt es Jeffrey Dowd an diesem Abend. Auf der Bühne angekommen, wird die ganze Mühsal deutlich. Da hängt Dowd am Taktstock und führt die wenigen Bewegungen in der letzten halben Stunde, in der nur noch Stehtheater angesagt ist, ruckhaft aus, um sich nicht völlig zu verausgaben. Das zuspielende Ensemble ist – soweit es denn zu hören ist – in Stimme und Spiel überzeugend.

In der letzten Szene schließlich liegen sich alle in den Armen, und es ist klar: Alle haben sich lieb. Dem Publikum gefällt das. Es bedankt sich mit Bravo-Rufen und lautstarkem Beifall. Und tatsächlich geht man trotz der unterschiedlichen Einzelleistungen mit dem angenehmen Gefühl nach Hause, einen schönen Opernabend erlebt zu haben.

Michael S. Zerban





Fotos: Matthias Jung