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Fakten zur Aufführung 

DON GIOVANNI
(Wolfgang Amadeus Mozart)
27. Dezember 2013
(Premiere)

Tiroler Festspiele Erl


Points of Honor                      

Musik

Gesang

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Publikum

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Brav und bieder

Malerisch rötet sich der Abendhimmel, und die ersten Sterne strahlen über dem idyllisch gelegenen Tiroler Örtchen Erl. Die Einwohner können sich glücklich schätzen, verfügen sie nunmehr über zwei akustisch einwandfreie und architektonisch einzigartige Aufführungsorte, die auch optisch imponieren. Das kulturinteressierte Publikum, gemischt mit politischer und künstlerischer Prominenz aus nah und fern, findet sich im Festspielhaus erwartungsvoll ein. Hausherr Gustav Kuhn hat sich in den letzten Jahren eine treue Fangemeinde aufgebaut, die allesamt Anhänger seiner minimalistischen, traditionellen Inszenierungen sind und seine musikalischen Interpretationen schätzen. Steht Richard Wagner bei den Sommerfestspielen im Mittelpunkt, konzentriert sich der Salzburger Gustav Kuhn bei den Winterfestspielen auf seinen Landsmann Wolfgang Amadeus Mozart und die italienischen Opernschöpfer. Nach Mozarts commedia per musica Le Nozze di Figaro im letzten Jahr kommt dieses Jahr Mozarts dramma giocoso vom bestraften Wüstling Don Giovanni in der sogenannten Prager Fassung der Uraufführung 1787 unter der musikalischen Leitung und Regie von Gustav Kuhn zur Aufführung. Unterstützt wird er wiederum von der Kostümbildnerin Lenka Radecky und dem Bühnenbildner Jan Hax Halama. Sehr gesittet und diszipliniert reist dieser Frauenheld nach Tirol. In eleganten barocken Kleidern treibt er als distinguierter Gentleman sein Unwesen. Die große Bühne ist nur spärlich ausgestattet. Ein paar dunkelgefärbte Stoffbahnen hängen zur Auflockerung herab, die auch gestalterisch verschoben werden. Das Geschehen überragt wirkungsvoll in der Mitte eine weiße überdimensionale Kugel, eingerahmt von einem offenen Würfel. Der große Raum wird geschickt effektvoll ausgeleuchtet – die Lichtregie stammt ebenfalls von Gustav Kuhn. So entstehen die vom Publikum erwarteten, ästhetisch-schönen Bilder, die die Handlung begleiten, aber die Aufmerksamkeit des Betrachters nicht ablenken. Nur fehlen an diesem Abend die Originalität und der Schwung in der Personenführung. So verliert sich in dem großen Raum die Spannung. Dieser Wüstling erscheint nicht lasziv oder böse, sondern sittsam und brav. So respektvoll erscheint auch die Musik. Die Overtüre wirkt feierlich getragen, aber es entwickelt sich im Orchestergraben Bewegung und Emotionalität. Zu Beginn überschütten heftige und abgehackte Forti die Zuhörer und decken die Sänger zu. Doch Kuhn reagiert behutsam an seinem Pult, wird differenzierter und achtet auf die Abstimmung mit der Bühne. Der Klang wird weicher und samtener, und das Publikum erlebt am Ende einen dramatischen, spannenden und musikalisch gelungenen Abschied des wüsten Helden.

Stimmlich hat Gustav Kuhn wieder ein ausgezeichnetes junges Ensemble aufgeboten. Anna Princeva überzeugt souverän als Donna Anna. Sabina von Walther startet kraftvoll als Donna Elvira, verliert aber an Spannung und Klarheit. Hervorzuheben die Leistung der jungen Georgierin Sophia Gordeladze als Zerlina. Ein frischer heller Sopran mit reinem Klang. Den Titelhelden mimt sicher und erfahren Lucio Gallo. Yasushi Hirano ist sein ergebener Diener Leporello. Präsent und sicher in seinem Spiel kann sich sein tiefer dunkel timbrierter Bass nicht entfalten. Ferdinand von Bothmer hat einen schönen Mozarttenor, doch fehlt ihm Volumen und Kraft gegenüber dem Orchester.

Das Publikum spendet am Ende viel Beifall für alle Beteiligten und sieht seine Erwartungen an schlichte, ästethische Inszenierungen mit Augenmerk auf Gesang und Orchesterklang bestätigt. Das Böse ist zu Recht bestraft, und zufrieden verläßt es das Haus in die sternenklare heile Welt.

Helmut Pitsch

 

Fotos: APA Fotoservice