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Fakten zur Aufführung 

ROBIN HOOD
(Albert Dietrich)
2. April 2011
(Premiere: 20. März 2011)

Theater Erfurt


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Grüne Strumpfhosen und rote Fahnen

„Ist das Kunst, oder kann das weg?“ Das ist einer der provokant-frechen Sprüche, die auf der Filmleinwand eingeblendet werden, während auf der Bühne Albert Dietrichs romantische Oper Robin Hood von 1879 gespielt wird. Dietrichs verklärtes Bild des Retters der Armen, seine Fokussierung auf die Liebesgeschichte konterkariert Regisseur Jürgen R. Weber mit unaufhörlichem Leinwandbombardement an all den Sprüchen, wie sie sich so in den Roten Kalendern versammelten. Polit-Agitprop verbindet sich mit 68er-Revolution und dem Ruf nach sexueller Befreiung, während vorne Lady Marian züchtig die Liebe zum Mann in den grünen Strumpfhosen besingt. Während die Mannen (Andreas Ketelhuts prächtige Chöre) ein Lied über die Natur anstimmen, läuft der Regisseur auf der Leinwand mit einem „Free Robin“-Pappschild durch eine Demo in Erfurt. Und langsam sickert was vom Kino auf die Bühne: Ellen, die Geliebte Little Johns, wendet sich ab vom bürgerlichen Leben und geht in die Punkszene - und der schwule Richard Löwenherz will Robin Hood an die Wäsche. Das alles wird verpackt in des Librettisten Reinhard Mosen bodenlos schlechte Verse, die fast weh tun.

Bürgerlichkeit, Historienkitsch und Revolutionsromantik mit roten Fahnen verschmelzen hier in einem geradezu atemberaubenden Tempo. Hank Irwin Kittel schafft dazu perfekte Kostüme und kommt beim Bühnenbild mit wenigen Requisiten aus. Ein echter neudeutscher Eye-Catcher ist Peter Schöne als König Richard im Kilt.

A propos Schöne: der singt einfach bezaubernd und wirbt so übertrieben innig um den armen Robin, dass es wunderbar anzusehen ist. Markus Petsch ist dieser Robin, dazu noch ein stimmschöner, der in Sebastian Pilgrims Little John seine Entsprechung findet. Malvina Makela gibt einen sehr schüchternen Nachwuchsrevoluzzer. Astrid Thelemann und Vazgen Ghazaryan machen eine echt komische Figur in den Rollen des durch und durch bürgerlichen Sheriffspaars. Ilia Papandreou wirft als Marian gerade noch rechtzeitig den verklärenden Blick auf Robin ab, Christa Maria Dalby ist eine auch stimmlich aggressive Ellen.

Aus dem Graben tönt Musik, die hörenswert ist und vom Philharmonischen Orchester unter Johannes Pell engagiert und temperamentvoll musiziert wird. Schumann steht Pate, auch Brahms – und gelegentlich Wagner. Das spricht nicht gegen Dietrich.

Die Vorstellung im Theater vergeht rasant und fesselt das Publikum. Aber dann ist sie wieder da, diese Frage: Ist das Kunst, oder kann das weg? Immerhin: Erfurt hat ausgegraben!

Thomas Hilgemeier

 







Fotos: Lutz Edelhoff