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Fakten zur Aufführung 

LUISA MILLER
(Giuseppe Verdi)
29. Mai 2011
(Premiere: 10. Februar 2001)

Aalto-Theater Essen

Points of Honor                      

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Gesang

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Essen im Verdi-Glück

Das geniale Bühnenbild von Dieter Richter macht es auf den ersten Blick deutlich: Hinter dem ärmlichen Leben der Luisa Miller im schwarzen, vorgelagerten Bühnenkasten schimmert das unbarmherzige, kalte Leben des Adels durch, dessen riesige Halle mit oberflächlichem, aber effekthaschendem Pomp erfüllt wird. Den ärmlichen Zustand des Volkes fangen auch die Kostüme von Renate Schmitzer ein, der Adel läuft dagegen in barocker Pracht herum.

Es sind diese zahlreichen Details, die Hilsdorfs Produktion am Aalto-Theater Essen fast schon legendär machen. Dass vier leibhaftige Pferde, die unruhig vor sich hin trampeln, die Musik zuweilen fast in den Hintergrund drängen, unterstreicht das seltene Live-Erlebnis. Später hängt ein Pferdekadaver zum Ausbluten im Hintergrund, während sich vorne an der Rampe das Todesdrama um Adelssohn Rodolfo und der bürgerlichen Luisa Miller abspielt.

Hilsdorf kann diese Oper vollständig mit schlüssigen Massenszenen als auch zum Stillstand gebrachten Solo-Momenten erfüllen, die unter der Leitung von Marijke Malitius für die Wiederaufnahme einstudiert wurden. Allerdings wirken seine Chiffren wie die Menschenjagd der Adeligen und die herab flatternde Flugblätter des auf begehrenden Volkes („Diese Regierung ist nicht von Gott, sondern vom Vater der Lügen“) mittlerweile auch etwas austauschbar.

Dennoch ereignen sich im Zusammenwirken mit der Musik zwingende Momente. Allen voran ist Olga Mykytenko eine atemberaubende Luisa, die ihren schön fokussierten Sopran so natürlich einsetzt, dass sich herzergreifende Momente ergeben. Zum Beispiel im Duett mit dem ebenfalls hervorragendem Kiril Manolov, der ihren Vater mit warmen Tönen und baritonalem Glanz ausstattet. Nicht seinen besten Abend hatte der präsente Zurab Zurabishvili als Rodolfo, der mit fortschreitender Aufführungsdauer öfter die Kontrolle über seine Höhe verliert. Verliebt und intrigant zugleich gibt Almas Svilpa dem Wurm psychisch gestörte Züge und kultivierte vokale Bedrohlichkeit. Marcel Rosca verkörpert den Graf von Walter mit geradezu ekliger Gleichgültigkeit. Seine Stimme mag zwar einige altersbedingte Trübungen aufweisen, die das langjährige Ensemblemitglied mit seinen Vorzügen mehr als nur kaschieren kann. Yaroslava Kozina ist als Frederica nahezu eine Luxus-Besetzung. Ihr Mezzosopran macht neugierig auf größere Aufgaben. In der kleinen Nebenrolle der Laura ist Marie-Helen Jo ël eine wichtiges Bindeglied zwischen Solisten und Chor, der in der Einstudierung von Alexander Eberle den Rollenwechsel zwischen Volk und Adel auch vokal glaubhaft meistert.

Volker Perplies setzte die farbenreich aufspielenden Essener Philharmoniker brillant mit dramatischer Verve und vielen Feinheiten in Szene, gerade den Flöten seien für ihre blitzenden Einsätze ein Extra-Kompliment gemacht.

Das Publikum bejubelt die längst nicht ausverkaufte Aufführung einhellig. Interessanterweise befinden sich unter den Zuhörerinnen und Zuhörern einige bemühte Hüter der Moral, die sich berufen fühlen, nicht störende Aktionen von Anwesenden zu kommentieren oder diese direkt zur Ordnung zu rufen, wobei natürlich als gebildeter Kulturfreund der Verweis auf Loriot nicht fehlen darf. Anscheinend haben sie aber nicht alle seine Sketche verfolgt, sonst wüssten sie, dass solches Verhalten den Meister der Komik erst in Höchstform gebracht hätte.

Christoph Broermann

 





 
Fotos: Aalto-Theater Essen