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Fakten zur Aufführung 

L'ELISIR D'AMORE
(Gaetano Donizetti)
2. Juli 2011

Aalto-Theater Essen


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Junges Glück im Sanatorium

Wer heiratet nicht gern einen Millionär? Adina bekommt ihn, noch bevor sie vom plötzlichen Reichtum ihres Bräutigams weiß und er selbst, Nemorino, noch völlig ahnungslos ist. Es ist also kein Kalkül auf viel Knete sondern die reine Liebe, die beide zusammenführt, auch wenn es lange dauert und anfangs überhaupt nicht danach aussieht.

Wenn sich der Vorhang zu Donizettis L’Elisir d’amore hebt, blickt man in ein Sanatorium wie aus den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts. An diesen Ort verlegt Regisseur Andreas Baesler das Geschehen, Harald Thor baut ihm eine sehr praktikable Bühne mit zwei halbrunden verschiebbaren Wänden, die viele unterschiedliche Räume entstehen lassen.

Anfangs ist erst einmal Wassertreten angesagt. Dann gehört zum Fitnessprogramm vor allem viel kollektive Gymnastik. Das alles in einem gediegenen Ambiente, das einst im Hochpreissegment angesiedelt war, jetzt aber schon einigermaßen in die Jahre gekommen ist. Nemorino arbeitet dort neben einem ganzen Geschwader von Krankenschwestern als Page. Süchtig ist er nach der jungen Adina. Die aber hält sich erst einmal alles offen und lässt sich lieber vom schneidigen Sergeanten Belcore Komplimente machen. Wie gerufen kommt da der windige Signore Dulcamara, der im Rahmen der Sanatoriums-Vorträge als Gesundheits-Koryphäe bejubelt wird und für teuer Geld nutzlose „DulcaCola“ unter die Leute bringt. Für Nemorino hat er einen Liebestrank in seinem Koffer. Der führt am Ende auch zum Erfolg – aber nur mittelbar und ohne dass es dieses Elixiers überhaupt bedurft hätte.

Andreas Baeslers Konzept, Donizettis Oper in eine Art „Zauberberg“-Atmosphäre frei nach Thomas Mann zu verlegen, wirkt schlüssig und wird von Gabriele Heimanns zeittypischen Kostümen ausgezeichnet getragen. Was Baeslers Inszenierung indes abgeht, ist eine Dynamik des Bühnengeschehens, vor allem im zweiten Teil der Oper, der sich etwas dahinschleppt. Da schiebt sich denn doch etwas zu viel sediertes Leben in den Vordergrund. Baeslers Version kann man sich ansehen, sie bietet einige kleine, heitere Szenen, fesselt aber nirgends.

Und als hätte Baeslers Handlungsort abgefärbt: Mit der Gesundheit haben am Premierenabend auch alle drei männlichen Darsteller zu kämpfen. Andreas Hermann singt den Nemorino trotz eines grippalen Infekts. Das geht nicht auf Kosten der Sicherheit, aber es fehlt ihm - gerade in seiner großen Arie - etwas an Schmelz und Wärme. Die werden aber ganz sicher kommen, wenn Hermann wieder gesund ist. Heiko Trinsinger kann erst gar nicht singen. An seiner Stelle gibt Tommi Hakala einen kernigen, rustikalen Belcore. Roman Astakhov spielt den Dulcamara zwar auf der Bühne, gesungen wird er vom Bühnenrand aus. Dies tut Derrick Ballard, gibt den Kurpfuscher mit tönender Tiefe und wirkt auch komisch als zahnlos nuschelnden Greis. Christina Clark ist eine wieselflinke Gianetta - eine resolute Oberschwester mit enormer Bühnenpräsenz, Liana Aleksanyan stattet die Adina mit ihrem üppigen, brillanten und mühelos jede Höhe erreichenden Sopran aus, braucht jedoch einige Zeit, um wirklich frei zu werden. In allen Belangen überzeugend ist Alexander Eberles Chor. Und so gerät die Inszenierung musikalisch grundsolide, nicht zuletzt dank des Dirigats von Guillermo Garcia Calvo, der die Essener Philharmoniker zu einem federnden, transparenten Donizetti-Klang inspiriert Dennoch: Ein wirklicher Höhepunkt ist dieser Liebestrank nicht. Und folgerichtig applaudiert das Publikum freundlich, aber kurz und ohne Emotionalität.

Christoph Schulte im Walde

 









 
Fotos: Kathrin Holighaus