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Fakten zur Aufführung 

MADAMA BUTTERFLY
(Giacomo Puccini)
21. April 2011 (Premiere)

Aalto-Theater Essen


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

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Rezensionen-Archiv

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Hörbeispiel 1

Wenn Sie auf die erste Taste von links klicken, hören Sie einen Ausschnitt aus dem Liebesduett Cio-Cio-San/Pinkerton aus dem 1. Akt.

 
 

Hörbeispiel 2

Wenn Sie auf die erste Taste von links klicken, hören Sie einen Ausschnitt aus dem "Un bel di" der Cio-Cio-San aus dem 2. Akt.



Hörbeispiel 3

Wenn Sie auf die erste Taste von links klicken, hören Sie einen Ausschnitt aus der Szene Cio-Cio-San/Goro/Yamadort aus dem 2. Akt.



Hörbeispiel 4

Wenn Sie auf die erste Taste von links klicken, hören Sie "Con onor muore" aus dem 3. Akt.

 

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America forever

Einer dieser Hochsee-Schiffscontainer steht auf der Bühne des Aalto-Theaters – er fungiert als Heim für den Besatzer, ein provisorisches, denn die Amerikaner haben nicht vor zu bleiben. Sie setzen sich auch gar nicht erst mit der japanischen Kultur auseinander. Stattdessen „segnen“ sie ihr Gastland mit den Errungenschaften ihrer eigenen Lebensweise. Das weiß auch Cio-Cio-San, als sie sich vom Goldkettchen behangenen Zuhälter Goro an den Soldaten Pinkerton verhökern lässt. Inmitten einer Horde mit Blockabsätzen bewehrter Bordsteinschwalben gibt sie in Tilman Knabes Sicht auf Puccinis Oper den traditionsbewussten Schmetterling.

Für den Regisseur ist die Geisha kein unschuldiges Opfer, sondern mutiert im zweiten Akt zu einem im amerikanischen Trash versinkenden US-Produkt. Der Wohn-Container, den Bühnenbildner Alfred Peter entworfen hat, wird zur verkommenen Bleibe, überfüllt mit Müll und Devotionalien aus „Gods own Country“. Zu viel Fett hat die zierliche Braut inzwischen auf den Hüften, zuviel Alkohol schüttet sie in sich hinein, zu viele Tabletten werden konsumiert. Butterfly weiß nach drei Jahren des Wartens, dass ihr persönliches Joint Venture gescheitert ist - und so ist ihr Selbstmord nur die logische Folge einer gescheiterten Geschäftsbeziehung.

Knabe präsentiert eine absolut nüchterne Butterfly. Das ist sehr schlüssig gemacht, führt in der Figurenausdeutung aber auch (gewollt) ins Klischee. Mal ehrlich: so texanisch wie Pinkerton, so versoffen wie Sharpless können Amis doch nicht sein. Oder womöglich doch? Insgesamt gelingt Knabe eine durch und durch stringente, überzeugende Inszenierung.

Die an und mit Puccini seit etlichen Jahren so erfahrenen Essener Philharmoniker unter Stefan Soltesz können an diesem Abend nicht ganz das gewohnte Niveau halten. Da fehlt das letzte Mitleiden, die letzte aufregende Anteilnahme. Der Opernchor von Alexander Eberle macht seine Sache prima. Das gilt auch für Marcel Rosca als Onkel Bonzo, Marie-Helen Joël als Kate und Günter Kiefer als Yamadori. Herrlich schmierig gibt Rainer Maria Röhr den Goro. Mikael Babajanyan ist als versoffener Sharpless darstellerisch perfekt, stimmlich indes nicht immer ganz auf dem von ihm gewohnten Niveau.

Auf nicht ganz einheitlichem Level die Besetzung der Hauptrollen: Luis Chapa, von der Regie ziemlich eindimensional angelegt, singt rustikal und verkörpert klanglich einen brutalen Pinkerton ohne viele Zwischentöne - über die Annemarie Kremer als Butterfly durchaus verfügt. Ihr Forte und Fortissimo lässt einiges Metall in der Stimme aufblitzen, andererseits gelingen ihr anrührende lyrische Passagen voller Innerlichkeit und Poesie. Ieva Prudnikovaite ist eine ideale Suzuki mit warmem Timbre, gut ausgebauter Tiefe und in jeder Hinsicht großer Ausstrahlung.

Das Premierenpublikum zeigt sich offen für Tilman Knabes Lesart der altbekannten Oper, diskutiert darüber schon zur Pause durchaus kontrovers. Punktuell aufregend, aber nicht wirklich spektakulär sind optische Effekte wie der vom obersten Rang sich abseilende Marinesoldat im dritten Akt oder der langsam angehobene und sich senkrecht stellende Container. Dass sich in den Beifall Buhrufe hinein mischen, entbehrt jeder Grundlage.

Christoph Schulte im Walde

 







 Fotos: Jörg Landsberg