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Fakten zur Aufführung 

HANJO
(Toshio Hosokawa)
29. September 2011
(Premiere)

Gebläsehalle Landschaftspark-Nord Duisburg (Ruhrtriennale)


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Warten im Nichts

Toshio Hosokawas Oper in der Tradition des japanischen No-Theaters von 2004 wurde in Deutschland 2007 in Bielefeld szenisch uraufgeführt (siehe Opernnetz-Archiv).

„Urmomente“ sind das Motto von Willy Deckers Ruhrtriennale-Finale: Mit Hosokawas Spiel über das Nichts des Seins wird ein Exempel des Zusammentreffens tradierter asiatischer Theater- und Musikformen mit avantgardistischer europäischer post-existentialistischer Deutungen zusammengeführt.

Das liest sich hoch kompliziert, wird in der archaischen Kulisse der Gebläsehalle des Stahlwerks  Duisburg aber sinnlich vermittelt:

Susanne Gschwender legt ein reales Gleis mit Schotterbett und flankierenden Grassoden und Wasserbecken, begrenzt durch das Geäst eines umgestürzten Baumes, in den industriellen Raum. 

Calixto Bieito lässt drei Personen auf diesen Gleisen theatral agieren, setzt auf die Attraktivität der Darsteller, reduziert das Geschehen auf sparsam dramatisierte Aktionen,  erzählt keine an der Hosokawa-Musik orientierte existentielle „Geschichte“!

Das Trauma der von Yoshio verlassenen Hanako im Sog der begehrenden Jitsuko wird zum Beckettschen endlosen Warten, löst sich in Tod und Weg ins Ungewisse. Bieitos routinierte Regie setzt auf erwartete Klischees von Beziehungsdramen, ignoriert die Rituale des No-Dramas mit den immanenten tradierten Bedeutungen.

Die Musiker der musikFabrik interpretieren Hosokawas Klänge sehr sensibel, platzieren kalkulierte Pausen, vermitteln Instrumententöne in fragilem Zusammenklang, lassen Steigerungen in Dynamik und Tempo intensiv hörbar werden – das lässt  Hoffnungen in Erinnerungen aufgehen: Musikalisch entwickelt sich mit den Mitteln der Langsamkeit eine Verfallsgeschichte, die das - verfehlte - Regie-Konzept im Stile eines Brechtschen Lehrstücks konsequent korrigiert. Garry Walker leitet souverän-sensibel zu reflektiertem Klang!

Kerstin Avemo gibt der Ex-Geisha Hanako existenziell-verlorenen Charakter, interpretiert Zerbrechlichkeit mit stimmlicher Variationskraft, beeindruckt durch imaginierende Lagen-Wechsel. Ursula Hesse von den Steinen ist eine hingebungsvoll-erotische Jitsuko – ein Mezzo mit imaginierenden Tiefen und dramatisierenden Höhen, ungemein suggestiv in der Darstellung, eindrucksvoll in der variablen Intonation. Georg Nigls Yoshio verkörpert die „heillose“ Figur mit Anspruch, Selbstzweifel und unbegriffenem Tod – baritonal fundiert, den geforderten introvertierten Hosokawa-Vorgaben impulsiv entsprechend.

Das Publikum in der „Industrie-Kathedrale“ folgt sehr konzentriert, nachvollzieht die Story, versucht die Bedeutung zu „verstehen“: Langanhaltender Applaus!

Franz R. Stuke







Fotos: Paul Leclaire