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Fakten zur Aufführung 

ELEKTRA
(Richard Strauss)
22. September 2012
(Premiere)

Deutsche Oper am Rhein, Düsseldorf


Points of Honor                      

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Ohne Ausweg

Mord und Totschlag sind nicht selten Bestandteil einer Oper. Doch kaum eine andere Oper hat die Folgen von Gewalt auf die Psyche des Einzelnen in einer derart verdichtenden Intensität zum Thema wie Elektra. In Düsseldorf setzt Regisseur Christof Nel die Protagonisten des Werkes – Klytemnästra, Chrysothemis, Orest und, natürlich, Elektra – in den Mittelpunkt seiner Inszenierung. Um deren Psyche geht es, und um nichts anderes. Verweise auf aktuelle, gewalttätige Konflikte werden vermieden. Auf störendes Beiwerk in der Ausstattung wird verzichtet. Die Bühne ist im Wesentlichen ein abstrakter Raum. Ort, Handlung und Personen sind zeitlos. Klug ausgeleuchtet von Susanne Reinhardt steht die Burg der Atriden wie ein monolithischer Block im Zentrum. Gefällte oder Beile in den Händen haltende Statisten verweisen auf das familiäre Trauma, den Mord an Agamemnon, der die Gedanken und die Handlungen der Figuren dominiert. Ob nun die auf Rache sinnende Elektra, die zwischen Hass und Selbstverachtung zerrissene Klytemnästra, die sich nach Normalität sehnende Chrysothemis oder der die Rache aus göttlicher Verpflichtung ausführende Orest – die Regie folgt hier dicht dem dramaturgischen Konzept des Dichter-Komponistenpaares Hugo von Hoffmansthal und Richard Strauss.

Vor allem das Bühnenbild, das Roland Aeschlimann geschaffen hat, trägt die Inszenierung. Scharfe Kanten und ein Minimum an Bewegungsfreiheit spiegeln permanent die Enge wieder, unter der die Protagonisten leiden. Sie sind Getriebene ihres Schicksals und können den Konsequenzen, die sich aus dem Mord an Agamemnon ergeben, nicht entfliehen.

Linda Watson bewältigt die anspruchsvolle Rolle der Elektra mit Bravour. Die Stimmführung der Bayreuth-erprobten Sängerin ist ausdifferenziert, hält im Piano die Spannung und steigert sich im Forte bis zur Raserei. Dem schließt sich die schauspielerische Leistung nahtlos an. Mit Renée Morloc als Klytemnästra und Morenike Fadayomi als Chrysothemis verfügt Düsseldorf erfreulicherweise über zwei Ensemblemitglieder, die hier mithalten können. Renée Morloc gibt der Krankhaftigkeit der Klytemnästra das nötige Gewicht. Das zeigt sich im kraftvollen Gesang genauso deutlich wie in der intensiven Darstellung. In Morenike Fadayomis Gesicht spiegeln sich sowohl Chrysothemis’ Hilflosigkeit als auch das Grauen über all die Gewalt, die die Atriden umgibt. Zudem überzeugt sie mit sauberer Stimmführung. Hans-Peter Königs Orest kommt mit Ehrfurcht gebietendem Bass daher. In der Schlusssequenz, wenn er schweigend mit dem Beil in der Hand über der gefällten Mutter steht, wirkt er wie die Wiedergeburt Agamemnons. Der Fluch der Atriden, scheint dieses Bild zu vermitteln, ist längst nicht gelöst.

Unter der Leitung von Axel Kober überzeugen die Düsseldorfer Symphoniker mit einer geschlossenen Orchesterleistung, die sich dadurch auszeichnet, den Reichtum der Partitur Richard Strauss’ zum Klingen zu bringen, ohne dabei die Sänger auf der Bühne zu übertönen.

Das Publikum feiert insbesondere Orchester und Ensemble. Das Regieteam gerät hier etwas in den Hintergrund. Vielleicht, weil die Inszenierung vom Ansatz her keine kontroversen Diskussionen zu wecken vermag. Doch was man vordergründig an Mitreißendem vermisst, gleicht Regisseur Christof Nel umso mehr durch Genauigkeit in der Personenführung und die stimmige Integration des Konflikts und seiner Protagonisten in das Bühnenbild aus.

Sascha Ruczinski

Fotos: Matthias Jung