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Fakten zur Aufführung 

DER ROSENKAVALIER
(Richard Strauss)
18. November 2012
(Premiere am 29. August 2000)

Semperoper Dresden


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Thielemanns Operndebüt in Dresden

Es ist eine besondere Atmosphäre, die den Zuschauer beim Betreten der Semperoper Dresden umfängt. Es steht der Rosenkavalier von Richard Strauss auf dem Programm, jenes Werk, dass vor über 100 Jahren an diesem Orte seine Uraufführung erfahren hat. Und obwohl diese Aufführung keine Premiere ist, diese liegt auch schon wieder über zwölf Jahre zurück, so ist doch so etwas wie Premierenfieber zu spüren. Christian Thielemann, der neue Chefdirigent an der Semperoper, gibt seinen Operneinstand mit dem Rosenkavalier, jener Komödie für Musik, die gerne für besondere Anlässe auf den Spielplan gesetzt wird. Dementsprechend groß ist die Erwartungshaltung beim Publikum in der seit Wochen ausverkauften Semperoper. Und es wird nicht enttäuscht.

Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle Dresden: Da scheint eine neue Ära anzubrechen. Was die Musiker und ihr neuer Chef aus dieser Partitur herauslesen und in Töne umsetzen, das ist erhebend und manchmal nicht mehr von dieser Welt. Ob schwelgende Walzerseligkeit, ob symphonische Tondichtung, ob derbes Poltern oder grazile Poesie, Thielemann führt die Musiker sicher über alle Hürden der Partitur, und erzeugt dabei einen farbenreichen und differenzierten Klangkörper, dass man manchmal vor freudiger Erregung das Atmen vergisst. Und Thielemann liebt seinen Richard Strauss, er zelebriert den Wechsel zwischen großer Symphonik und intimer, fast kammermusikalischer Verneigung und schwelgt in einer betörenden und sinnlich berauschenden Musik. Die Rosenüberreichung im zweiten Aufzug gelingt musikalisch zum großen Höhepunkt dieser Aufführung.

Doch es sind nicht nur Christian Thielemann und die großartige Sächsische Staatskapelle alleine, die diesen Abend zu einer Sternstunde gedeihen lassen. Es sind vor allem drei wunderbare Sängerinnen, die von Thielemann getragen, diese Aufführung so grandios gestalten. Allen voran Soile Isokoski in der Rolle der Feldmarschallin Fürstin Werdenberg. Man darf sie ohne Übertreibung als eine Idealbesetzung für diese Partie ansehen. Sie gestaltet die Rolle mit einer grandiosen Innigkeit und strahlt dabei eine edle Reife aus, wie man sie selten auf der Bühne erlebt. Ihr Sopran ist von einer großen Tragfähigkeit, der weit gesponnene Bögen und leuchtende Höhen mit Leichtigkeit erzeugt, um dann wieder mit wunderbarem Piano und sphärisch anmutenden Klängen zu berühren. Ihre Interpretation dieser Rolle ist unprätentiös und schonungslos ehrlich und rührt emotional zu Tränen. Ihre Auseinandersetzung mit dem Älterwerden und ihr letztendlicher Verzicht auf eine hoffnungslose Liebe zu einem Jüngeren verleiht Soile Isokoski in der Rolle der Marschallin eine besondere Größe.

Daniela Sindram als der junge Graf Octavian in der Titelrolle begeistert durch ihr jugendlich ungetümes und komödiantisches Spiel und durch ihren tiefwarmen, erotisierenden Mezzosopran. Ihre Rosenüberreichung ist der Höhepunkt der Aufführung, da sich ihre Stimme wunderbar mit dem glockenhellen Sopran von Daniela Fally in der Rolle der Sophie mischt, deren leuchtende Spitzentöne und zartes Piano einen wohlklingenden Kontrast erzeugen.

Wolfgang Bankl verkörpert mit wohltönendem Bass-Bariton den Baron Ochs auf Lerchenau sowohl mit der notwendigen Derbheit, aber durchaus wienerisch charmant und mit einem lüsternen Schalk im Nacken. Hans-Joachim Ketelsen überzeugt mit markantem Bariton als Herr von Faninal, und Atalla Ayan lässt als Sänger mit seiner italienischen Tenorarie aufhorchen. Irmgard Vilsmaier in der Rolle der Jungfer Leitmetzerin fällt leider mit ihrem wagnerischen Brünnhilden-Gesang etwas aus dem Rahmen der ansonsten so kultiviert singenden Strauss-Stimmen. Helene Schneidermann gefällt als agile Annina mit schöner Sopranstimme, während ihr Begleiter Aaron Pegram als Intrigant Valzacchi eher unauffällig agiert. Die vielen anderen kleinen Gesangsrollen werden durchweg auf hohem sängerischen Niveau angeboten.

Die Inszenierung von Uwe Eric Laufenberg ist zwar mittlerweile über zwölf Jahre alt, hat aber von ihrem Charme und ihrer sehr intimen Personenführung nichts eingebüßt. Im Mittelpunkt steht die leidenschaftliche Beziehung einer reifen Frau zu einem jungen Mann, der wiederum hin- und hergerissen ist zwischen dem erotischen Abenteuer und der aufkeimenden zärtlichen Liebe zu einem jungen Mädchen. Hoffnung, Enttäuschung, Verzicht und Abschied bilden die Eckpfeiler der Personenführung. Das Bühnenbild von Christoph Schubiger und die Kostüme von Jessica Karge verbinden angenehm verschiedene Stilelemente und Zeiten. Ist das erste Bild, das Schlafgemach der Marschallin, noch klassisch wienerisch, so ist der Palast des Herrn Faninal ein protzig neureicher Tower der frühen sechziger Jahre, während das Wirtshaus im dritten Bild irgendwo dazwischen liegt.

Am Schluss löst sich die Spannung auch beim Publikum. Christian Thielemann und die Sächsische Staatskapelle werden umjubelt, genauso die wunderbare Soile Isokoski sowie Daniela Sindram und Daniela Fally. Bei aller Vorsicht mit Superlativen - dieser Einstand von Christian Thielemann ist eine musikalische Sternstunde und sicher der Beginn einer neuen Zeitrechnung in Dresden.

Andreas H. Hölscher

Fotos Premiere:
Erwin Döring, Matthias Creutziger