Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

LUCIA DI LAMMERMOOR
(Gaetano Donizetti)
27. Mai 2011
( Premiere: 5. März 2011)

Oper Dortmund


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Brutale Gangs

Gut vierhundert Zuschauer im 1200-Plätze Haus! Da kann sich bei aller Aufmerksamkeit des Auditoriums und spürbarer Anteilnahme keine dichte, stimulierende Atmosphäre entfalten!

Der neue Opern-Intendant Jens-Daniel Herzog steht vor der Herkules-Aufgabe, 600 000 Dortmunder, fünfeinhalb Millionen Ruhrgebiets-Menschen und Zig-Tausende Sauerländer in das Haus zu „locken“. Und das ist nach den Erfahrungen der letzten Intendanzen (Dew, Mielitz) keine Frage der künstlerischen Qualität: Es ist eine Frage der gesellschaftlichen Akzeptanz des Opernhauses als „Leuchtturm“ des kulturellen Lebens in der Metropole. Und das wiederum ist eine Frage kommunikativer Kompetenz aller Beteiligten: der Theaterleitung, der örtlichen Kultur-Politik, der Medien - und auch der Opern-Freunde!

Auf der Drehbühne installiert Alexander Lintl eine „Mauer“ aus durchschaubaren, sich öffnenden und schließenden Latten; mit der Konstruktion ergeben sich trennende Räume, werden in ihren wechselnden Strukturen und kalkulierten Lichteffekten zu imaginativen „Spiegeln“ der treibenden Kräfte der Akteure.

Christian Pade versteht die Ashtons und Ravenswoods, auch die Gang Arturos als brutal konkurrierende Macht-Gruppen, als Opfer von Selbstdarstellung und rücksichtsloser Gier: Lucia. Dem Regisseur gelingt es, mit prägnanter Personenführung eine ungemein spannende Geschichte nachvollziehbar zu erzählen (und das ist verdammt viel!) – ohne dass die unlesbaren Übertitel eine Rolle spielen.

Stephan Bovings Normanno besticht durch schneidend-helle Artikulation (er war allerdings beim Schluss-Applaus nicht wahrnehmbar); Mareike Morr gibt der Alisa kultivierte Stimme; Fausto Reinharts strahlender Tenor lässt einen aggressiven Arturo entstehen; Taras Konoshchenko ist ein statuarisch-beschwichtigender Raimondo – ein kalkulierender Kleriker mit sonorem Bass-Gesang.

Simon Neals Enrico beeindruckt durch avanciert brutales Agieren, vermittelt mit seinem ausdrucksvollen Bariton die Aura bedrängenden Zwangs. Mit Andrea Shin ist als stürmischer Edgardo ein Tenor zu hören, dem sowohl die variantenreichen Belcanto-Passagen als auch die formidablen Ausbrüche vortrefflich gelingen.

Emotional bezwingend Christina Rümann als Lucia: darstellerisch ungemein intensiv, in ihrer Mimik enorm ausdrucksstark; begnadet mit einer ungemein flexiblen Stimme, gelingt es ihr, eine Lucia von der durchaus selbstbewusst-nachdenklichen jungen Frau zum missbrauchten tötenden Opfer zu prägen – mit einer ausdrucksstarken Mittellage, faszinierenden Passagen gleitender Töne, bravourösen Koloraturen und emotional bewegenden Ziselierungen intensiver Belcanto-Kunst.

Der Dortmunder Opernchor (Leitung Granville Walker) präsentiert sich als stimmkräftiges Kollektiv, darstellerisch minimiert!

Die Dortmunder Philharmoniker unter dem kontrolliert leitenden Philipp Armbruster gehen rustikal zu Werke, toben sich in den finalen Crescendi aus, intonieren die geheimnisvollen Piani eher „stumpf“, leisten sich eine Reihe von Unsauberkeiten, lassen keine durchgängige „Stimmung“ zu – die angemessene Flöten-Begleitung in der Wahnsinns-Szene wird zum musikalischen Höhepunkt!

Die Zuschauer und Zuhörer im Dortmunder Haus sind ausgesprochen angetan von der Inszenierung, von Gesang und Musik!

Franz R. Stuke

 







 Fotos: Thomas M. Jauk/Stage Pictures