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Fakten zur Aufführung 

DIE LUSTIGEN WEIBER VON WINDSOR
(Otto Nicolai)
7. Juli 2012
(Premiere am 5. Juli 2012)

Musikhochschule Detmold

im Landestheater Detmold


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Lebendiges Vermächtnis

Vor der Komödie kommt die Tragödie. Regisseur Thomas Wünsch, zuständig für den szenischen Unterricht an der Musikhochschule Detmold, erleidet gut einen Monat vor der Premiere einen tödlichen Herzinfarkt. Die Lücke ist nicht nur in der Produktion groß, wie ein persönlicher Beitrag zweier Sänger im Programmheft belegt. Der Leiter der Opernschule, Thomas Mittmann, übernimmt die Fertigstellung des Projektes, setzt nach eigenen Angaben das letzte fehlende Drittel um und hilft bei den Szenen nach, wo beispielweise der Chor noch nicht mit geprobt hat. Dieser Umstand ist in der in sich geschlossenen Inszenierung nicht bemerkbar, und so erlebt man vor allem im ersten und dritten Akt eine schwungvolle Umsetzung des Lustspiels, in der sich die Studenten der Opernschule der Musikhochschule Detmold von ihrer besten Seite zeigen.

Die Grundidee ist denkbar einfach wie schlüssig. Gespielt wird eine Aufführung, und während der Ouvertüre werden auf der Bühne, die von Michael Engel entworfen ist, noch die letzten Bewegungsabläufe geprobt. Diese Bühne erinnert ein wenig an Shakespeares Zeiten. Drei große, weiße Pfeile weisen auf düstere Zustände in Windsor hin: Einer zeigt nach oben mit der Aufschrift Himmel, einer nach unten Richtung Hölle. Der dritte sollte nach ursprünglich auch nach oben zeigen, doch ist der Windsor-Pfeil auf der Hälfe abgeknickt und zeigt nun auf die Bühne und zugleich Richtung Hölle. Teuflisch geht es zwar nicht zu bei dieser Inszenierung, doch geschickt verbindet Thomas Wünsch theatralische Elemente mit drallem Zynismus. Torsten Rauer mischt in seinen Kostümen ebenso Stile des alten Theaters mit dem Look aktueller sozialer Gruppen, beispielsweise den Grufties. Der Schwerenöter Falstaff ist zeitlos, in der Gestalt von Gregor Loebel, der glücklicherweise nie versucht, alt zu sein, vital und frisch, aber ein unbequemer Zeitgenosse im Schottenrock und mit britischer Unterhose. Zwischen ihm und seinen Kumpanen geht es ziemlich derb zu, unterschwellig erinnern sie an rebellierende Jugendliche, die bei nächster Gelegenheit Autos anzünden. Stimmlich mag Gregor Loebel natürlich noch Potenzial zur Weiterentwicklung haben, doch entdeckt man in ihm einen großen Hoffnungsträger für einen charakterstarken Spielbass. Deutlich in der Artikulation, beweglich in der durchgebildeten Stimme, grandios im mimisch starken Spiel.

Seine beiden weiblichen Widersacherinnen müssen sich zu Beginn erst einmal sehr zickig beschnuppern, da die beiden Sängerinnen sich zum ersten Mal auf der Bühne begegnen und zudem noch beide auf den von Christian Peuser gespielten Regisseur stehen. Das bringt eine umwerfend komische Deutung des berühmten Auftrittsduetts Ei, das ist wirklich gar zu keck mit sich. Kirsten Laponte ist mit attraktivem Sopran eine herrlich präsente Frau Fluth, die in ihrer Bühnenpräsenz nur noch von Britta Strege übertroffen wird. Das Feuerwerk, das diese beiden Frauen abbrennen, kann man nur legendär nennen, und Strege aus dem Opernstudio Detmold macht ihre Frau Reich auch vokal zu einem Highlight des Abends.

Ihre beiden Männer sind mit Axel Wolloschek als düster-eifersüchtiger Fluth und Fabian Kuhnen als bodenständiger Reich treffend besetzt. Friedemann Walther sowie Volker Harnisch sind würdige Vertreter der komischen Oper. Corinna Kuhnen schwelgt als Anna Reich in lyrischen Phrasen, muss aber ebenso wie Bühnenpartner Chang Hyun Kim an ihrer Textverständlichkeit arbeiten. Dieser Fenton benötigt zudem mehr vokales Feingefühl. Der Studenten-Chor, den Hagen Enke sehr gut vorbereitet hat, sorgt mit seiner Ode an den Mond für den wohl atmosphärischsten Augenblick des Abends. Jan Croonenbroeck dirigiert das Orchester der Hochschule mit Verve und entlockt ihm einen sehr sorgfältig interpretierten Spielwitz, genau passend zur Inszenierung.

Das Vermächtnis des verstorbenen Regisseurs kommt sichtlich gut an beim Publikum, das vor allem aus Kommilitonen, Freunden und Verwandten der Darsteller besteht. Sehr deutlich erkennt man, wie wichtig dem Regisseur die Darsteller in seiner Inszenierung sind, so dass man in jedem einen eigenen Charakter erkennt. So bleibt die Oper zu jeder Zeit lebendig.

Christoph Broermann

Fotos: Hochschule für Musik Detmold