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Fakten zur Aufführung 

LUCIA DI LAMMERMOOR
(Gaetano Donizetti)
5. November 2011
(Premiere)

Staatstheater Darmstadt


Points of Honor                      

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Gesang

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Alles am richtigen Platz

Es gibt Produktionen, an denen nichts auszusetzen ist, die einen dennoch weitgehend unberührt lassen; da wird gut bis sehr gut gesungen, die Szene lässt den Protagonisten Raum zur Entwicklung, das Bühnenbild zeigt Geschmack. Also, das Publikum darf sich wohlfühlen in Gaetano Donizettis Lucia di Lammermoor am Staatstheater Darmstadt. Allerdings, der Kick des Außergewöhnlichen fehlt. Aber ist der immer erwartbar? Ist ein auf  „Hype“ getrimmtes Publikum zu verwöhnt, oder sind es nur die Rezensenten?

Dabei ist ja in Darmstadt alles stimmig. Die Bühne von Dirk Hofacker lässt über irisierend ausgeleuchtete Quader-Säulen sowohl „Wald“ als Imagination entstehen, als auch festliches Ambiente, wenn eine in Frack und Abendkleid auftauchende Hofgesellschaft auf die Ehelichung der Lucia mit Arturo wartet. Aber es ist eine politische Hochzeit über den Kopf der in heftigster Liebe entbrannten Lucia hinweg. Denn deren Herz hat Edgardo entflammt, doch dummerweise ist er der politische Todfeind von Lucias Bruder Enrico, über dem das Fallbeil schwebt, falls er sich nicht arrangiert. Kompliziert? Überhaupt nicht, wenn Regisseur Lothar Krause die Geschichte erzählt, die von den auch religiös bestimmten Konflikten und Machtkämpfen zwischen Schottland und England im elisabethanischen Zeitalter abgeleitet ist.

Ricarda Marose steckt die Figuren der Handlung in zeitlos-aktuelle Kostüme, wenn Enrico als englischer Landjunker im Tweed-Sakko auftaucht und Lucia das in schlichtem Weiß gehaltene Hochzeitskleid überstreift. Lucia wirkt wunderschön in Herzeleid und Wahn, denn Alexandra Lubchansky ist eine in Gesang, Auftritt und Aussehen attraktive Besetzung. Unterlegt sie den dramatischen Spitzen anfangs noch etwas heftiges Vibrato, so wird ihre Stimmführung im Schlussakt mit der berühmten „Wahnsinnsarie“ von Geschmeidigkeit, Glanz und Emotionalität kaum zu übertreffen sein. Ihr Liebling Edgardo wird vom Belcanto-Tenor Joel Montero gesungen, der am Premierenabend nicht alles zeigen kann, weil ihn eine Virusinfektion deutlich behindert. Den Enrico, der um seines Überlebens willen die Schwester zur Heirat zwingt und erst am Ende merkt, was er angerichtet hat, erhält von Bastiaan Everink raumgreifendes Baritonprofil, allerdings nicht immer intonationsgenau. John in Eichen singt den Erzieher und Vertrauten Raimondo mit sonorem, fülligem, formschönem Bass; Lasse Penttinen gibt dem Normanno tückisch-intrigantes Profil, Elisabeth Hornung der „Erscheinung der Alisa“ hintergründig-intensiven Alt; schade, dass Donizetti den versehentlichen und von Lucia gemeuchelten Gatten Arturo stiefmütterlich behandelt hat, denn der hell-geschmeidige Tenor von Minseok Kim macht Lust auf mehr.

Die Szenen der von André Weiss einstudierten Chöre verströmen Kraft, allerdings nicht immer Trennschärfe. Das Staatsorchester Darmstadt unter Leidung von Martin Lukas Meister braucht einige Zeit, um zu Schwung und impulsiver, plastischer Gestaltung zu gelangen. 

Das Premierenpublikum war angetan von einer Lucia di Lammermoor, die ihren berechtigten Platz im Saisonrepertoire finden wird.

Eckhard Britsch






 
Fotos: Barbara Aumüller