Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

LA CAGE AUX FOLLES
(Jerry Herman)
29. September 2012
(Premiere)

Staatstheater Darmstadt


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Szenen einer Ehe

Im Rausch der Farben und Kostüme geht das durchaus ernste Anliegen von Jerry Herman und Librettist Harvey Fierstein fast ein wenig unter: Verständnis schaffen für das, was immer noch, aber Gott sei Dank immer seltener, als andersartig oder gar anstößig empfunden wird. Denn im Musical La Cage aux Folles – Ein Käfig voller Narren spielen sich Szenen einer homosexuellen Ehe ab, die ebenso von Liebe und Eifersucht getragen sind, wie das Paar auf äußere Umstände trifft, die eine so genannte gesellschaftliche Anerkennung erschweren.

Eigentlich könnten sie auch nach über 20 Jahren Zusammensein friedlich und fröhlich weitermachen, denn die Liebe zwischen dem Nachtclubbesitzer Georges und seinem Partner Albin, als Travestiekünstler Zaza die Attraktion des Etablissements, ist keineswegs erkaltet. Ansgar Albert Maria Schäfer spielt in Darmstadt jenen Georges als geschäftigen Macher, der seine Sensibilität mit  Zylinder und Glitzerfrack kaschiert, während Randy Diamond als Albin/Zaza das tuntige Gehabe als wirklichkeitsnahes Modell auf der Bühne grandios auslebt.

Was treibt das Musical voran? Georges hat aus einer frühen „Verirrung“ einen Sohnemann namens Jean-Michel, dem Stefan Reil burschikos-attraktive Züge gibt; der will Anne heiraten, in der Erscheinung von Hannah Garner voll anmutigen Jungmädchencharmes. Nach erstem Ohnmachtsanfall stimmt auch Albin zu, der so etwas wie die Amme für den Buben war, doch die Sache hat einen Haken – Anne ist die Tochter des herrisch-erzkonservativen Moralapostels und Abgeordneten Dindon, der alle Nachtclubs verbieten lassen will. Regisseur John Dew gibt ihm die Züge des Franzosen Le Pen mit, und Franz Nagler mimt ihn vortrefflich. Nun ja, nach heftigen Turbulenzen einschließlich Attrappen der Bürgerlichkeit kommt zusammen, was zusammengehört.

Bis dahin darf das Premierenpublikum von der tollen, variablen und großzügig bebilderten Bühne des Heinz Balthes schwärmen, der auch Klischees bedient, aber das mit überlegenem Geschmack. José-Manuel Vázquez steuert dazu schwelgerische Kostüme bei, in den die Protagonisten zur Choreographie von Julio Viera Medina übermütige Revue-Atmosphäre verbreiten. Darin aber geht das eigentliche Anliegen von Intendant John Dew ein wenig unter, für Verständnis zu werben; denn Lebensentwürfe folgen nun einmal nicht immer den tradierten Mustern. Vielfältigkeit bereichert das Leben.

Musiziert wird von Staatsorchester Darmstadt unter Leitung von Bartholomew Berzonsky recht schwungvoll, manchmal hätte mehr rhythmischer Biss sicher nicht geschadet. Die Darsteller einschließlich der beiden kleineren Rollen – Gundula Schulte als Politikergattin und Anja Bildstein als Restaurantbetreiberin –sind ausgezeichnet, sängerisch allerdings nur Durchschnitt; toll das Ballettensemble als verführerische Revuegirls und Boys.

Das als eher konservativ eingeschätzte Darmstädter Premierenpublikum ist begeistert von einer turbulenten Show, in der optisch und szenisch an nichts gespart wird. 

Eckhard Britsch

Fotos: Barbara Aumüller