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Fakten zur Aufführung 

BILLY BUDD
(Benjamin Britten)
26. März 2011 (Premiere)

Deutsche Oper am Rhein Düsseldorf


Points of Honor                      

Musik

Gesang

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Audiobeitrag

Wenn Sie auf die erste Taste klicken, hören Sie den Audiobeitrag von Michael S. Zerban mit dem Dirigenten Peter Hirsch und dem Solisten Sami Luttinen.

 

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Gefangen in einer hermetischen Gesellschaftsordnung

Überall dort, wo Menschen aufeinander treffen, verquicken sich ihre Leben miteinander – manchmal kurz und schmerzlos, manchmal jedoch geradezu griechisch schicksalhaft.

In Benjamin Brittens Billy Budd ist es ein Junge, ein Stotternder, ein Außenseiter, der sich nach Nähe, nach Freundschaft und Anerkennung sehnt. Zu seinem Unglück trifft er auf den Schiffsprofoss John Claggart, der sich in ihn verliebt, seine eigene Homosexualität aber bekämpft. Wenn nicht sein kann, was nicht sein darf... Claggart spinnt eine Intrige gegen Billy Budd, um ihn zu vernichten. Billy Budds Vorgesetzter ist Kapitän Vere, der indes zu schwach ist, Vorschriften auszulegen: so muss Billy sterben.

Immo Karaman inszeniert das Drama im Spannungsfeld zwischen Vorschrift und Menschlichkeit in einer autarken, hermetischen Gemeinschaft in intensiven Bildern. Nicola Reichert entwickelt meterhohe T-förmige Wände aus vernietetem Stahl, die unermüdlich bewegt werden. Als Sinnbild für den eintönigen Alltag auf See ist das perfekt, schafft vor allem auch immer wieder neue Raumkonstellationen.

Perfekt an dieser Inszenierung ist auch die Choreographie. Wie Karaman und Fabian Posca kleine Einzelbewegungen zum großen Ganzen zusammenfügen, ist geradezu spektakulär. Absolut gekonnt die Vorbereitungen zum Gefecht: da wird die Kriegslüsternheit spürbar – und die anschließende Enttäuschung über den buchstäblich im Nebel versinkenden Angriff auf den Feind. Bilder, die sich einprägen! Die Sänger des Herrenchores der Deutschen Oper, von Gerhard Michalski bestens präpariert, sind absolut ideal aufeinander eingespielt und lassen keine Wünsche offen.

Auch sämtliche solistischen Rollen sind ohne Abstriche toll besetzt. Sami Luttinen ist ein mit sich hadernder Claggart – ein großartiger, mit geradezu bodenloser Klangtiefe ausgestatteter Bass, in seiner Darstellung von gebieterischer Statur. Raymond Verys klarer, brillanter und bis zum Ende mühelos durchsetzungsfähiger Tenor durchleidet geradezu exemplarisch die Seelenqualen des Kapitäns, der Billy Budd als „Engel Gottes“ verklärt. Lauri Vasar ist ein stimmlich wie schauspielerisch ganz hervorragender Billy Budd mit einem warmen, strömenden Bariton– ein fast kindlich naiver Junge, der es allen eigentlich nur Recht machen wollte.

Ohne Einschränkung sind die sängerischen Leistungen auch sämtlicher kleineren Rollen zu loben, darunter Markus Marquardt, Ashley Holland und Timo Riihonen als Offiziere.

Die musikalische Strahlkraft dieser Inszenierung geht also eindeutig von den Stimmen aus. Peter Hirsch am Pult der Düsseldorfer Symphoniker begleitet ordentlich und immer gut ausbalanciert im Hinblick auf die Sänger. Das ganz große und unter die Haut gehende Britten-Klangereignis schafft er an diesem Abend (noch) nicht.

Das Premierenpublikum hat sich - auch diesmal wieder - noch viel zu erzählen, als Peter Hirsch den Taktstock längst erhebt und die ersten Töne erklingen. Dreieinhalb Stunden später, direkt nach dem tragischen Ende, klappern – auch diesmal wieder - die Türen im Parkett. Und trotzdem: die Begeisterung des Publikums wird spürbar, die Interpreten werden gefeiert, Karaman und das übrige Regieteam ernten Bravi.

Christoph Schulte im Walde

 







Fotos: Hans Jörg Michel