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Fakten zur Aufführung 

DIE SCHWEIGSAME FRAU
(Richard Strauss)
1. Mai 2012
(Premiere am 28. April 2012)

Oper Chemnitz


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Kurzweilige Klangvielfalt

Die Schweigsame Frau ist die einzige Oper von Richard Strauss, die den Untertitel Komische Oper trägt. Sie ist entstanden in der Zusammenarbeit mit dem Dichter Stefan Zweig, der die mittelalterliche Komödie von Shakespeare-Zeitgenosse Ben Jonson ins London des späten 18. Jahrhunderts verlegt hat. Dieses Alterswerk von Richard Strauss enthält alle Facetten seines Schaffens, und immer wieder zitiert er sich selbst und andere Komponisten wie Wagner oder Rossini. Viele Anklänge an den Rosenkavalier oder Arabella meint man zu vernehmen. Die Oper besticht durch ein Füllhorn musikalischer Einfälle, durch lärmende Ensembles mit teils genialer, teils geradezu grotesker Klangmalerei. So schließt der erste Akt mit einem fast schon als anarchistisch zu bezeichnenden Finale voller Tumult und Krach, der zweite Akt dagegen endet mit berückendem Schönklang, und der dritte mit Sir Morosus' wunderbarem Monolog „Wie schön ist doch die Musik, aber wie schön erst, wenn sie vorbei ist!“

Dass genau dieser Satz eben nicht zutrifft, davon kann sich das Publikum in Chemnitz selbst überzeugen. Regisseur Gerd Heinz hat sich an diese nicht leicht zu besetzende Oper gewagt, und sein Mut für sein klassisches Ambiente ist belohnt worden. Der vom Schauspiel kommende Regisseur gibt den Figuren einen besonderen Charakter und gestattet ihnen eine subtile und hintergründige Komik, so dass das Stück trotz derber Sprache nicht zu einer Klamotte verkommt. Die intensive Personenregie zeigt sich vor allem in der wunderbaren Gestik und Mimik der individuellen Charaktere, die vor allem als Ensemble glänzen. Das Bühnenbild auf zwei Ebenen als Wohnhaus eines pensionierten Admirals in London um 1785 ist wunderbar von Rudolf Rischer gestaltet, insbesondere die Schlafkammer von Sir Morosus als persönlicher Rückzugsraum. Die bunten und historischen Kostüme von Kersten Paulsen geben dieser Opernkomödie den besonderen Farbanstrich und sind ein besonderes Schmankerl dieser Inszenierung.

Strauss stellt an Sänger wie Orchester eine große Herausforderung. Die ist in Chemnitz mit Bravour gemeistert worden. Dem Wagner und Strauss erprobten Franz Hawlata ist die Rolle des Sir Morosus wie auf den Leib geschrieben; mit der unglaublichen Dynamik seines profunden Basses und seiner starken Bühnenpräsenz gestaltet er die Partie eindrucksvoll mit Leidenschaft und komödiantischem Witz. Die Sopranistin Julia Bauer glänzt als Aminta/Timidia mit exzellenter Stimmführung, fulminanten Spitzentönen und zusammen mit Bernhard Berchtold mit berührenden lyrischen Klängen im Duettfinale des zweiten Aktes. Ihre kunstvollen Koloraturen krönen die Monteverdi-Arie im dritten Akt. In dieser Rolle kann Julia Bauer auch alle Register schauspielerischen Könnens ziehen. Bernhard Berchtold als Henry überzeugt mit seinem schlanken, aber strahlkräftigen Tenor und Andreas Kindschuh gibt den intriganten Barbier Pankratius Schneiderbart mit lyrischem Bariton und raffiniertem Spiel. Monika Straube als nervende Haushälterin kann gesanglich mit diesem Spitzentrio nicht mithalten, doch passt ihre etwas schrille Stimmführung gut zu dieser Rollenanlage. Guibee Yang als Isotta und Tiina Penttinen als Carlotta reihen sich gesanglich und spielerisch ein in ein wundervolles Gesamtensemble. Musikalischer und gesanglicher Höhepunkt ist sicher das großartige Sextett nach der Trauungsszene im zweiten Akt.

GMD Frank Beermann und die mit beeindruckender Präzision aufspielende Robert-Schumann-Philharmonie holen aus dieser komplizierten und farbenreichen Partitur alles heraus. Sie differenzieren und nuancieren und offenbaren dadurch die Vielfalt des Strauss'schen Klangbildes. Lärmende Lautmalerei wechselt sich ab mit intimer Kammermusik und großer Symphonik. Trotz der Länge von über drei Stunden und des manchmal etwas geschwätzigen Librettos bleibt die Aufführung dank der musikalischen Interpretation äußerst kurzweilig. Am Schluss gibt es unisono viel Beifall für die musikalische Leistung an diesem Abend, die Hauptdarsteller sowie GMD und Orchester dürfen die verdienten Bravo-Rufe entgegennehmen.

Andreas H. Hölscher

 





Fotos: Dieter Wuschanski