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Fakten zur Aufführung 

IL TROVATORE
(Giuseppe Verdi)
25. März 2012
(Premiere)

Theater Bonn


Points of Honor                      

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Stellungsspiel im Nebel

Die Szene der Einkleidung als Nonne muss erhalten bleiben (sie ist zu originell, als dass ich darauf verzichten könnte); man muss im Gegenteil allen Gewinn, alle nur möglichen Effekte aus ihr herausholen.“ So schreibt Giuseppe Verdi seinem Librettisten Salvatore Cammarano in einem Brief Anfang April des Jahres 1851. Das Schreiben ist erhalten geblieben. Die innewohnende Forderung wohl zumindest in Bonn nicht. Originelles gibt es wenig auf der Bühne. Regisseur Dietrich W. Hilsdorf liefert mit seinem Co-Regisseur Ralf Budde bestenfalls solide Hausmannskost ohne überraschende Einfälle ab.

Jedes der acht Bilder des Trovatore wird von einer Umbaupause eingeleitet, der Titel währenddessen auf dem schwarzen Vorhang eingeblendet. Acht Mal also Gelegenheit für das Publikum, erneut in die Konzentration zu finden. Der neuerliche Eintritt der Dunkelheit löst jedes Mal einen massiven Hustenreflex in weiten Teilen des Zuschauersaals aus. Vielleicht liegt es am Nebel, der permanent über die Drehbühne von Dieter Richter wabert. Die besteht aus einem geschickten Konstrukt aus hohen Wänden, das fast immer auch eine Tiefenperspektive erlaubt, in der sich der Chor bewegen kann. Die Kostüme hat Renate Schmitzer besorgt. Etwas bunter als 1991 und 2001 in Essen, ohne deshalb spektakulär zu werden.

Überhaupt wirkt die Aufführung in Bonn eher wie eine schmallippig überarbeitete Version der Essener Inszenierung. Der Gips-Jesus, der vor zwanzig Jahren noch einen Lendenschurz trug, darf jetzt sein Geschlecht zeigen. Dafür ist das ehemals nackte Pärchen gestrichen. Und so weiter. Eine Idee allerdings verdirbt dem Zuschauer dann doch den Spaß: Wer singt, steht. Handlung und Bewegung findet nur bei denen statt, die gerade nicht singen. Die Staffage versucht also permanent, die Konzentration auf die Musik zu stören. Paradox wird es, wenn Graf Luna nichts anderes mehr einfällt, als einen Paravent hin und her zu rücken, während Leonora ihrem Weltschmerz Ausdruck verleiht. Oder im Hintergrund völlig überflüssig eine Vergewaltigung angedeutet wird, während vorne Azucena auf den Scheiterhaufen vorbereitet wird. Also: Augen zu und Ohren auf.

Zu hören gibt es Eindrucksvolles auf und vor der Bonner Bühne. Zwar fehlt es Irina Oknina zunächst etwas an Volumen, um sich gegen das Orchester durchzusetzen, aber Differenzierung und Sicherheit in allen Lagen machen das mehr als wett. Wenn sie nicht singt, überzeugt sie mit darstellerischer Ausdruckskraft. Chariklia Mavropoulou präsentiert eine begeisternde Azucena, die ihren Leidensweg in der Stimme zum Ausdruck bringt. Immer wieder schön zu hören: Der Heldenbariton des Mark Morouse unterstreicht den Charakter des Grafen Luna auf das Vortrefflichste. Die größte Strahlkraft dieses Abends zeigt der Tenor des George Oniani als Manrico. Ramaz Chikviladze gibt einen eher helltönenden Ferrando, Susanne Blattert erhöht die Nebenrolle der Ines, und auch Mark Rosenthal erstreitet für die Nebenrolle des Ruiz gehörige Beachtung.

Von Sibylle Wagner ordentlich einstudiert, präsentieren sich Chor und Extrachor weitestgehend auf den Punkt, jedenfalls mit gehöriger Durchschlagkraft. Dem steht auch das Beethoven Orchester nicht nach. Robin Engelen dirigiert mit schwebender Hand in der Höhe einen facettenreichen, differenzierten Verdi-Klang, der in den forte-Passagen herzlich wenig Rücksicht auf die Sänger nimmt.

Dem Publikum gefällt es. Szenen- und Schlussapplaus fallen begeistert aus, insbesondere – wie nicht anders zu erwarten – Mavropoulou und Oniani werden gefeiert. Und jetzt, sozusagen in letzter Sekunde, wird die beste Idee des Abends präsentiert. Die Drehbühne läuft durch und zeigt, wie kunstvoll die Aufbauten angeordnet sind. Und die Wirklichkeit hat uns wieder.

Michael S. Zerban





Fotos: Thilo Beu