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Fakten zur Aufführung 

LA FINTA GIARDINIERA
(Wolfgang Amadeus Mozart)
6. November 2011
(Premiere)

Oper Bonn


Points of Honor                      

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In Gold gefasst

Wenn sich der Vorhang nach der schwungvollen Overtüre öffnet, sind die Zuschauer fast geblendet: Sie schauen auf ein die Bühne füllendes Puppenhaus mit zahlreichen golden ausgeschlagenen Kammern auf mehreren Etagen, in deren Mitte sich wiederum ein goldene Kammer befindet, an ihrer Rückwand in einer leuchtend roten Vitrine ein Dolch!

Die sieben Figuren der Oper sind in dieser Kammer, diesem Puppenhaus versammelt zum fröhlichen Eröffnungschor und verirren sich während der Handlung im Irrgarten der Etagen,  Kammern und der eigenen Gefühle  – zum Vergnügen der Zuschauer.

Mit diesem Bühnenbild hat Hermann Feuchter die Kulisse, die Spielorte und Positionen markiert, in denen die Handlung des „lustigen Dramas“ mit Tempo und ausgelassenen Darstellern dahinrauscht. Mozart hat sein „heiteres Drama“ 1775 im Alter von 18 Jahren als Auftragsproduktion für das Hoftheater München zur nächsten Karnevalssaison komponiert und ein frühes Werkstück seiner kompositorischen Begabung, Könnerschaft und seines jugendlichen Einfallsreichtums präsentiert. Die ursprünglich auf dreieinhalb Stunden angelegte Fassung kommt in der Bonner Inszenierung nach zweieinhalb Stunden zum Schlusschor.

Die Bühnengestaltung als vielfach verwendbare Garten- oder Schlosskulisse erweist sich ohne Umbauten als gelungene Idee und Kern der Inszenierung. So kann Feucht auf jegliche Andeutung des obligaten Rokoko-Ziergartens verzichten, die Figuren erhalten viel Bewegungsspielraum auf unterschiedlichsten Ebenen, und das nächtliche Such-Verwirr-Spiel wird zu einem Klettervergnügen, bei dem man sogar die etwas fremd wirkenden, aus Industrieanlagen oder U-Booten entliehenen Steigleitern vergisst - eine gelungene und bestens genutzte Idee. Auch die Kostüme, von Gesine Völlm mit verspielter Note entworfen, passen in dieses Bühnenbild, das Kostüm des Grafen Belfiore sticht rollengerecht  in heftig-schmerzhaftem Rosa hervor.

Anna Siminskas klarer Sopran und Mirko Roschkowsis voller Tenor passen harmonisch zusammen, Ingrid Froseths Serpetta entspricht dem frech-unbekümmerten Charakter, Susanne Blatterts Sopran und Giorgos Kanaris Bariton gefallen ebenso wie Susanne Kameniks warmer Sopran der Arminda, Mark Rosenthal als Podestá hat einige Probleme, daneben zu bestehen. Die Darsteller agieren als Ensemble mit großer Spielfreude, ja mit überschäumender Spiellust, ganz im Sinne der Mozartschen Musik.

Die Lichtgestaltung von Thomas Roscher unterstützt mit wechselnden Stimmungen und Spots wirkungsvoll die Labyrinthidee der Inszenierung.

Hendrik Vestmann hält das Beethoven-Orchester Bonn bei allen Gesangspartien diskret zurück und gibt den Stimmen Raum für ihre Entfaltung. Lediglich die extra ausgewiesene Partie des Cembalo von Luigi Di Bella dringt kaum bis zum Zuhörer durch. Orchester und Stimmen bilden eine gelungene Klangeinheit, deren Sicherheit und Musikalität der Aufführung die gewünschte Leichtigkeit gibt und die Schönheit der Musik leuchten lässt.

Mit dieser Inszenierung hat Philipp Himmelmann eine frisch-fröhliche, freche Aufführung geschaffen, die Darstellern und Zuschauern viel Freude bereitet. Wenngleich Mozart sein frühes Werk noch näher an der Opera seria sah, setzt die Bonner Inszenierung deutlich einen Opera-Buffa-Akzent. Sie braucht sich deshalb nicht an Ungereimtheiten des Libretto von Petrosellini zu stoßen, sondern kann diese ausgelassen überspielen. Wenn zu Beginn des Stückes die Kastenbühne den Zuschauern noch hilft, die Charaktere zu sortieren und die Übersicht zu gewinnen, trägt spätestens beim herrlich chaotischen Suchspiel in der Nacht die gleiche Dekoration dazu bei, endlich zu begreifen, dass die Figuren in diesem „Garten“ austauschbar sind und eine logische Handlungsfolge verzichtbar ist. Es geht um ein fröhliches, kaum ernst gemeintes und ausgelassen ausgespieltes Verwirr- und Verwechslungsspiel im Stück wie in der Gesellschaft. Kein Wunder, dass gegen Ende des 2. Aktes Podesta feststellen muss „Führwahr, sie sind von Sinnen! Wahnsinnig, und ganz toll.“, doch der Schlusschor findet zu dem Motto zurück, das diese Aufführung prägt: „Laßt uns alle fröhlich sein!“ Dem folgt das Publikum kurz vor dem 11.11. besonders gern und bedankt sich mit anhaltendem Beifall.

Die glänzend gelungene Bühnengestaltung macht manchen Besucher nebenbei subtil auf einen Gegensatz aufmerksam: Das elegant-stimmungsvolle Gold der Bühnengestaltung unterstreicht den Kontrast zum Zustand des Bonner Theaters selbst. – Es müsste ja nicht gleich Gold sein…

Horst Dichanz






 
Fotos: Thilo Beu