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Fakten zur Aufführung 

IL BARBIERE DI SIVIGLIA
(Gioacchino Rossini)
29. Januar 2013
(Premiere am 20. Januar 2013)

Theater Bonn


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Haariges Vergnügen

Flugs nach der Ouvertüre schwuppt die feurige Tolle des Grafens Diener aus dem Orchestergraben. Kurz darauf schnellt, den Schopf vielfach spiegelnd, der gleichfarbig toupierte Herrenchor empor. Heiterkeit im Publikum, nicht das letzte Mal, und szenischer Auftakt für die einfallsreiche Aufführung des Barbier aus Sevilla am Theater in Bonn.

Regisseur Philipp Himmelmann inszeniert den bekannten Opernstoff als haarige Angelegenheit, zwischen Frisur, Frisieren und Friseur. Die Darsteller kommen und gehen durch vorhängend präsentierte Haarmähnen, rötlich, bräunlich blond. Unterm Balkon Rosinas zeigt sich ein groß gemalter Rapunzelzopf. Die Typologien des Comedia-dell’Arte-Stücks verlängern sich bis unter die Haarspitzen ihrer Darsteller. So erscheint strähnig der Graf, zerzaust der Doktor, gelglatt der Barbier und gleichbleibend onduliert die Kammerzofe, während des Doktors Mündel ständig die Haarfarbe wechselt. Zur Rasierszene im zweiten Akt großflockt Schaum von oben auf die Bühne. Gesine Völlms bunte Kostüme geben der Aufführung einen karnevalistischen Anstrich.

Vom inspirierten Bühnenbild Johannes Leiackers bleibt noch länger das Abschlusstableau des ersten Aktes in Erinnerung: Das ganze Ensemble der Solisten hängt, an des Schnürbodens Haaren hochgezogen, in der Luft, und besingt das eigene Durcheinander. Das dünne Nylonschläuche hier zu schillernd, farblich schönen Haarsträngen mutieren, hängt mit der wunderbaren Lichtregie Thomas Roschers zusammen. Im zweiten Akt zeigt er noch einmal eine Kostprobe seiner Meisterschaft, als er im Zwischenspiel sanft und schimmernd entlang der reflektierenden Schnürschläuche ein Gewitter illuminiert. Ein sanfter Moment der Ruhe und Augenweide, bevor sich die Inszenierung wieder kalauernd zum glücklichen Vermählungsende hin bewegt.

Nicht nur Sing-, sondern auch Spielfreude zeichnet die allein aus hauseigenen Sängern rekrutierte Besetzung aus. Voran steht hier Tamás Tarjányi als Graf Almaviva. Sehnsüchtig und fadohaft, selbst die Saiten zupfend, bringt er am Anfang der Angebeteten sein Ständchen, um im zweiten Akt, als buckliger Pater mit Pinocchio-Nase, Rosina wie ein Gockel zu umwirbeln. Er geckisch, sie neckisch, spielen beide fabelhaft als pas de deux zusammen. Sein wendiger und virtuoser, wenn auch noch etwas ausbaufähiger Tenor trifft auf Rosinas, von Kathrin Leidig gesungenen, Mezzosopran, der in den tieferen und mittleren Lagen eine ausdrucksvolle Klangfarbe aufweist.

Giorgios Kanaris als Figaro überzeugt darstellerisch wie mit seinem stattlichen Bariton genauso wie Martin Tzonev als Don Basilio mit profundem Bass und Klumpfuß. Dr. Bartolo wird von Ramaz Chikviladze wirkungsvoll verkörpert und auch hier als Bass passend fundiert. Vardeni Davidian als Berta, Sven Bakin als Fiorello und Kamen Todorov als Offizier fügen sich ebenso wie der von Ulrich Zippelius gekonnt einstudierte Herrenchor nahtlos in die gesanglich stimmige Gesamtleistung des Ensembles ein. Souverän meistert Robin Engelen mit dem Beethoven-Orchester Bonn die Tempi wie den Prosecco-Klang des Rossini-Stücks.

Das Publikum dankt mit längerem, beschwingten Beifall.

Thomas Böckenförde

 

Fotos: Thilo Beu