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Fakten zur Aufführung 

GENTLE SHIMMERING FIRE
(zeitkratzer feat. Keiji Haino)
4. September 2011
(Premiere)

Jahrhunderthalle Bochum


Points of Honor                      

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Sich selbst abhanden kommen

Reinhold Friedl, musikalischer Leiter von zeitkratzer, im Gespräch mit Franz R. Stuke über das besondere Klang-erlebnis und die Zusammenarbeit mit Keiji Haino (4'29).


 

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Stockhausen: Radikaler Klang

Aus Stockhausens Sieben Tagen – zuletzt Sonntag aus Licht spektakulär im Staatenhaus Köln – extrahieren die zeitkratzer Passagen der Grundproblematik von Vibrationen des Universums. Die neun Musiker „arbeiten“ an Instrumenten, die elektro-akustisch präpariert sind – und entsprechend eingesetzt werden! Es entstehen Töne, Klänge, Geräusche, die virtuos changieren, sich überlagern und zu imaginierenden Flächen zusammenfinden – in rätselhaften pianissimi, sich steigernd zu ohrenbetäubenden crescendi. Der kontinuierliche Mischklang entsteht über „eine radikale Entindividualisierung der Einzelfarben bei gleichzeitiger extremer Individualisierung der Klangtotale“ – so hat Adorno (!) Wagners Orchestrierungskunst beschrieben. Und Stockhausens serielle Komposition „funktioniert“ nach dem gleichen Prinzip! Den zeitkratzern gelingt es, Stockhausens Idee von der Einheit von Geist und Materie sozusagen konkret in musikalischen Eruptionen hörbar werden zu lassen.

Entscheidend für den schier überwältigenden Eindruck dieses ton-theatralen Ereignisses ist Keiji Haino: Vokalist, Stimmakrobat, Vokal-Virtuose. Eine „Erscheinung“ im schwarzen Umhang mit grauer Haar-Mähne, fast an gothic power gemahnend. Seine Artikulationen  reichen von lautlosem Stöhnen über murmelndes Kommentieren und protestierende Schreie bis zum schrillen Furor – der sich in totaler Erschöpfung entlädt. Keiji Hainos Konzept der „noise-music“ erobert ein hingerissenes Publikum in der Bochumer Jahrhunderthalle.

Die Tontechnik der Jahrhunderthalle leistet perfekte Übereinstimmung mit den Ansprüchen radikaler musikalischer Energien. Eine effektvolle Lichtregie vermittelt mit sensiblen spots bis zu blendenden Lichtfluten eine optische Steigerung der akustischen Imagination.

Das Ruhrtriennale-Publikum ist überrascht ob der Wucht des Gesehenen und Gehörten – allerdings: Auch hier gibt es mittlerweile die  störenden Zuspätkommer, die ignoranten Quassler wärend der Performance – und die schwachsinnigen „Handy-Fotografen“. Die Ruhrtriennale sollte effizient gegensteuern; es geht schließlich um den Mythos des nach Mortier „wunderbaren Publikums“.

Franz R. Stuke





 


 
Fotos: Michael Kneffel