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Fakten zur Aufführung 

COLORS OF VOICE,
COLORS OF WIND
- GESÄNGE DES SHOMYO

(Shichesekai)
11. September 2011
(Premiere)

Jahrhunderthalle Bochum


Points of Honor                      

Musik

Gesang

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Nach der Premiere

Christoph Gurk, Kurator für Musik, erzählt darüber, was für eine besondere Form der Musik und welche Geisteshal-tung an diesem Abend zu erleben war (2'20).


 

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Spirituelle Musik

Es gibt eine atmosphärisch-diffus ausgeleuchtete Bühne in der so traditionsträchtigen Industrie-„Kathedrale“ vor einer Tribüne mit tausend erwartungsvollen Zuschauern. Der Saal verdunkelt, vernehmbar werden irritierende Flöten-Töne, hinab schreitet Toshimitsu Ishikawa mit seiner Shakuhachi, entlockt der Bambusflöte raumfüllend-sphärische Klänge, gelangt auf langen Wegen auf die Bühne, verneigt sich vor seinem Instrument, greift rituell-gestisch zur nächsten Flöte, intoniert geheimnisvolle Klänge, zelebriert die Wechsel zu weiteren Flöten verschiedener Töne - das alles im tiefen Schweigen eines faszinierten Publikums.

Dann der „Auftritt“ von sechs Mönchen in kultischen Gewändern:

Hiroshi Nakagawa leitet die Gruppe Shichiseikai – buddhistische Mönche aus Japan – und: Es erklingen Stimmen – lang gedehnt, wechselnd von individuell divergierenden Klängen, übergehend in kollektive Töne, auf- und abschwellend. Es sind sakrale Texte, die artikuliert werden – doch der Wortlaut buddhistischer Lehrsätze steht nicht im Fokus der Intonationen: Es geht um den inneren Rhythmus, der in der Gruppe entsteht  - und sich auf das Auditorium suggestiv überträgt.

Buddhistisch-sakrale Musik vermittelt intensive Eindrücke transzendierender Klänge, abseits tradiert-europäischer Hörgewohnheiten – aber mit Impulsen, die sich durchaus in Attitüden „moderner“ Musik niederschlagen. Da ist nicht nur Cage, der sich auf diese Musik adaptierend einließ, da geht es auch um die Kategorie der Mimesis, dem nicht-rationalen Erschaffen und Rezipieren von Musik.

Das Ruhrtriennale-Publikum lässt sich auf das Angebot ein, akzeptiert den emotional verstärkenden akustischen Eindruck des niederprasselnden Regenschauers und verlässt hoch nachdenklich den Ort eines sakralen „Events“!

Im Übrigen: Der 11.September ist NineEleven – aber er ist auch der 108. Geburtstag von Theodor Adorno, der sich wie kein anderer um die Dialektik emotionalisierender Musik bemüht hat.

Franz R. Stuke






 
Fotos: Ursula Kaufmann