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Fakten zur Aufführung 

TROPHONIOS ZAUBERHÖHLE
(Antonio Salieri)
9. August 2013
(Premiere am 2. August 2013)

Festival Schloss Britz


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Musikalischer Sommerspaß im Kuhstall

Das Schloss Britz ist ein ehemaliges Herrenhaus mit dazugehörigen Stallanlagen und schönem Park. Die ländliche Idylle liegt im südlichen Teil von Neukölln und zeigt eine positive Seite des in Medien gerne als Berliner Problembezirk verschrienen Stadtteils. Vor zehn Jahren entdeckte die hiesige Musikschule Paul Hindemith das hübsche historische Anwesen für sich, entwickelte es zu einem Kulturzentrum mit Museum und Unterrichtsräumen und nutzte den einstigen Kuhstall als Podium für kleine sommerliche Opernaufführungen. Man begann mit einer Mozart-Collage, spielte dessen Bastien und Bastienne und eine bearbeitete Zauberflöte, wagte sich aber ebenso an Raritäten wie Vivaldis Ottone in Villa oder Hasses Pyramus und Thisbe. Auch im hiesigen Jubiläumsjahr gibt es eine Besonderheit. Als deutschsprachige Erstaufführung wird Antonio Salieris 1785 uraufgeführte komische Oper La grotta di Trofonio, zu deutsch Trophonios’ Zauberhöhle gespielt.

Die Musikkomödie nimmt in gewissen Zügen Mozarts Così fan tutte vorweg: sie erzählt von den Liebeswirren zweier junger Paare, deren Gefühle für den jeweiligen Partner ins Schwanken geraten, als sich ihre Persönlichkeiten durch Verzauberung ins Gegenteil verkehren. Bei Tatjana Rese lockt der Magier Trophonio die Männer mit einem Joint in seine Höhle. Die Regisseurin hat die Zauberoper aktualisiert und lässt sie im Neuköllner Milieu spielen. Das ist in Pia Wessels Bühnengestaltung vor allem kunterbunt. Einige mobile weiße Stellwände, die mit einem schwarz-weiß-karierten Fußboden und witzigen poppigen Kostümen kontrastieren, deuten die Wohnung an, die Zauberhöhle selbst, mit einigen grünen Bänken als Wald davor, ist ein sich drehender Kasten, der durch gelegentlich eingeblendete Videoprojektionen magisch aufgepeppt wird. In diesem Ambiente inszeniert Rese eine deftige Volkskomödie mit lauter schrägen Typen, angeführt vom überforderten Vater Ariston, der auch als moderierender Spielleiter eingesetzt wird, und seinen zwei durchgeknallten Töchtern. In der deutschen Textfassung von Bettina Barz und Rese wird in den Dialogen heftig berlinert und anspielungsreich gekalauert, leider aber auch teilweise völlig überzogen gesprochen – ein wirkliches Manko der Inszenierung.

In den musikalischen Nummern dagegen geht es weit differenzierter zu. Väterliche Autorität strahlt der stattliche Bassbariton von Tobias O. Hagge aus. Seine Töchter Andrea Chudak und Carolin Löffler, die 2012 bei der Kammeroper Schloss Rheinsberg positiv als Cherubino aufgefallen war, setzen sich mit kräftigen Stimmen bestens ins Licht und bersten darüber hinaus vor darstellerischer Vitalität. Gegenüber der geballten Frauenpower behauptet sich Matthias Jahrmärker mit zupackendem Bariton, während Fabian Martino stämmige Tenortöne zum Geschehen beisteuert. Der auf Stelzen erscheinende Ingo Witzke fällt als Magier nicht nur durch seine imposante Körpergröße auf, sondern auch durch einen donnernden Bass. Der Dirigent Stefan R. Kelber zeigt viel Gespür für Salieris hübsche, farbig instrumentierte Melodien und die quirligen Ensembles, und auch die Koordination zwischen dem auf der Hinterbühne postierten, fein aufspielenden Kammerorchester des Festival Schloss Britz und den vorne agierenden Solisten klappt bestens.

Das Publikum, darunter auch viele Nichtopernversierte, fühlt sich gut unterhalten und spart am Ende nicht mit Bravos für alle Beteiligten.

Karin Coper

Fotos: Mathias Schöning