Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

DAS SCHLAUE FÜCHSLEIN
(Leoš Janaček)
2. Oktober 2011
(Premiere)

Komische Oper Berlin


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Kaleidoskop des Lebens

Die schlichte Stube des Wirtshauses mit einer weit aufschwingenden Tür in den Wald ist Schauplatz für Andreas Homokis Neuinszenierung des Schlauen Füchsleins, das vor gut 50 Jahren durch den Hausgründer Walter Felsenstein eine legendäre Popularität weit über Berlin hinaus erlangte.

Allerdings hat Bühnenbildner Christian Schmidt diesen Raum in mehrfacher Ausführung auf die Drehbühne der Komischen Oper gestellt, so dass er Schauplatz mehrerer Spielebenen wird, die sich in traumhaften Sequenzen und Erinnerungs-Rückblenden zu überlagern scheinen. Die technische Präzision, mit der diese Regieidee umgesetzt wird, ist einer der großen Pluspunkte in dieser psychologisch-philosophischen Deutung von Janačeks Fabel-Oper um die Füchsin Spitzohr und den gealterten Förster in ihrem jeweiligen sozialen Kontext.

Durch eine sprachlich elegante Neubearbeitung des Librettos des Dramaturgen Werner Hintze hat sich das Regieteam auch von der mystisch-erotischen Deutung durch Max Brod getrennt und sich klar zu den für Janaček typischen fragmentarisch, kaleidoskopartig zusammengefügten Szenen bekannt.  Immer wieder durchbrechen in Homokis Inszenierung traumhafte Sequenzen in der Erinnerung des alten Försters die Handlung auf der Menschen-Ebene, so dass die niedliche Tierwelt klar als Projektionsfläche für das menschlich Erlebte dient.

Die junge Füchsin ist das junge, vitale und irrlichternde Objekt der männlichen Begierde, sei es die mittlerweile gealterte Förstersfrau oder das Mädchen Terynka, in das der Dorfschulmeister und wer nicht noch alles heimlich und unglücklich verliebt war.

Brigitte Geller spielt dieses wilde und entzückende Naturkind mit einer mitreißenden Körperlichkeit und singt mit silbrig strahlendem Sopran. Natürlich erscheint auch der junge Fuchs als jugendlicher Förster, von Karolina Gumos mit überschwänglicher Energie ausgestattet. Jens Larsen als alter Förster kann den vielen Facetten des Alterns vom wiederaufflackernden, jugendlichen Leichtsinn bis zur Resignation ebenfalls alle notwendigen Farben verleihen, und das gesamte Ensemble von der Kinder-/Hühnerschar bis zum Altherrenclub mit Doppelrolle als Waldbewohner glänzt durch hervorragend choreografierte und lebendig in Szene gesetzte Bilder.

Die naturalistischen Tierköpfe, ebenfalls von Christian Schmidt entworfen, machen die schnellen Wechsel der Ebenen möglich und verleihen dem Stück äußerlich ein märchenhaftes Ambiente, was die Fallhöhe zur parallel erzählten melancholischen Lebens- und Sterbensgeschichte noch vergrößert.

Alexander Vedernikov setzt mit dem Opernorchester ganz auf die erdigen Klänge der Partitur, lässt das slawische folkloristische Element aber auch durch sehnsuchtsvoll träumerische Passagen ablösen. Die Kontraste der verschiednen Spielebenen hätten aber musikalisch durchaus noch plastischer hervorgehoben werden können, auch wenn die pausenlosen 90 Minuten keine Durststrecke beinhalten.

Das Wunder des natürlichen Kreislaufs, das in Symbolen wie der wachsenden, verwelkenden und wieder neu sprießenden Sonnenblume und dem Wiederkehren der Charaktere in Gestalt ihrer Nachkommen manifestiert wird, gibt letztendlich dem Stück doch ein hoffnungsvolles, versöhnliches Ende ganz nach Janačeks Motto: Ich blicke nicht rückwärts, immer nur vorwärts.

Das kann man dann auch dem einzigen Rufer aus dem Rang raten, der mit seiner Behauptung „Felsenstein war besser!“ bei den meisten Zuschauern nur ein verwundertes Achselzucken hervorrufen konnte. Ansonsten keinerlei Unmutsbekundungen, sondern lange anhaltender Beifall.

Ingrid Franz






 
Fotos: Monika Rittershaus