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Fakten zur Aufführung 

PARTITA 2
(Anna Teresa de Keersmaeker)
28. Juni 2013
(Deutsche Erstaufführung
am 27. Juni 2013 )

Haus der Berliner Festspiele


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Trio für zwei Tänzer und eine Geigerin

Foreign Affairs, das Berliner Internationale Festival für Theater und performative Künste geht ins zweite Jahr und findet erstmals im Sommer statt. Nach der quirligen Interimschefin Frie Leysen hat nun Matthias von Hartz die Leitung übernommen. Auch er setzt auf eine Mischung aus großen Namen und noch weniger Bekannten sowie auf Genre übergreifende Projekte unterschiedlichster Prägung. Die William-Forsythe-Company ist mit einem Komplex aus Filmen, zwei Tanzstücken und einer Installation zu erleben. Ein weiterer Schwerpunkt gilt dem Nature Theater of Oklahoma, einer Künstlergruppe aus New York, die aus realen Telefonanrufen das fast 20-stündige Mammutstück Life and Times gebastelt hat, das in sechs Episoden das bisherige Leben einer Schauspielerin aus dem Ensemble ausbreitet. Die Eröffnungsvorstellung ist nichts weniger als monumental, dafür aber in ihrer Konzentriertheit besonders eindringlich. Die Choreografen und Tänzer Anne Teresa de Keersmaeker und Boris Charmatz, deren Arbeiten zu den Höhepunkten der ersten Foreign Affairs 2012 gehörten, haben sich zusammen mit der Geigerin Amandine Beyer Bachs Violinsolo Partita 2 vorgenommen. Der Gedanke zu einer Zusammenarbeit entstand bei Begegnungen der Kollegen beim Festival von Avignon, die zu spontanen Improvisationen führten. Das Ergebnis ist der Pas de deux Partita 2, der im Mai beim Brüsseler Kunstenfestivaldesarts uraufgeführt wurde und nun in Berlin seine Deutschlandpremiere erlebt. Als verantwortlich für die Choreografie wird de Keersmaeker genannt, doch ist sie beeinflusst durch die Impulse von Charmatz. Der Ausstatter Michel Francois belässt die Bühne im rohen Zustand. Zunächst herrscht vollständige Dunkelheit, die nur kurz unterbrochen wird, wenn beim Auftritt von Amandine Beyer durch die sich öffnende Tür Licht einfällt. Ganz ohne Beleuchtung spielt sie das Bachsolo mit einer fabelhaft Intensität, die die Zuhörer die Sinne für die Musik schärfen lässt. Erst als sie ihr Spiel beendet, wird es allmählich heller, und die zwei Tänzer erscheinen, beide in Sportschuhen, sie im schwarzen Kleid, er im Trainingsanzug. Ohne Musik entfaltet sich ein Duo aus synchronem Laufen, Gehen und kindlichem Hüpfen, häufig werden die Blicke nach oben gerichtet. Es gibt Spannungsmomente, wenn de Keersmaeker Charmatz auf den Rücken nimmt oder wenn beide liegend sich mit den Füßen berühren und robbend den Raum ausloten. So entsteht der Eindruck, dass es nicht nur um abstrakte Bewegungsgestaltung geht, sondern auch um ein Beziehungsspiel zwischen der zarten, etwas herb wirkenden Belgierin und ihrem robusten französischen Mitstreiter mit der jungenhaften Ausstrahlung. Im dritten Teil finden Musik und Tanz zueinander und weiten sich zum Trio aus. Die Performer wiederholen die Choreografie noch einmal mit gelegentlichen Abwandlungen und reagieren auf die im Bühnenzentrum spielende Beyer. Vom Zuschauer fordert Partita 2 in ihrer komplexen Struktur, die sich beim zweiten Sehen sicher noch besser erfassen lässt, eine hohe Aufmerksamkeit. In Berlin ist sie vorhanden, das beweist der starke Schlussapplaus. Wie auch das Interesse groß ist, die Künstler beim anschließenden Gespräch zu treffen, bei dem sie Einblick in ihre Arbeit geben.

Karin Coper