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Fakten zur Aufführung 

CLIVIA
(Nico Dostal)
28. März 2014
(Premiere am 8. März 2014)

Komische Oper Berlin


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Revueoperette erobert die Komische Oper

Gerade hat die Komische Oper Berlin mit Bernsteins Musical West Side Story einen Knüller im Bereich der leichten Muse gelandet, der bis zum Ende der Spielzeit ausverkauft ist, da folgt schon der nächste Streich. Auch für die Operette Clivia sind in dieser Saison keine Karten mehr zu haben, was angesichts der Traumbesetzung nicht verwundert. Denn erstmals sind die Geschwister Pfister, das Dreamteam der Kleinkunstszene, in Berlin auf einer großen Bühne zu erleben und – nach der Kultinszenierung von Benatzkys Im weißen Rössl vor zwanzig Jahren in der Bar jeder Vernunft – zum zweiten Mal in einem großen Stück. Die Anregung zur Clivia geht auf jene Rössl-Produktion zurück. Damals nämlich schwärmte der bedeutende Schauspieler Walter Schmidinger von dieser melodienseligen Operette und setzte dem Trio den Floh ins Ohr, sie einmal aufzuführen. Dieser Traum ist nun dank der Lust des Intendanten Barrie Kosky, das Unterhaltungsgenre neu zu beleben, wahr geworden.

Clivia, der größte Operettenerfolg Nico Dostals, uraufgeführt Ende 1933 in Berlin, ist ein voll Absurditäten und Verrücktheiten nur so strotzendes Stück. Es spielt in dem fiktiven südamerikanischen Staat Boliguay, wo eine amerikanische Filmcrew auf Dreherlaubnis wartet. Die bekommt das Team erst, als die Diva Clivia Gray den einheimischen Gaucho Juan zum Schein heiratet und dadurch Bürgerin des Staates wird. Dass dieser Juan ein Revolutionsführer und der Filmproduzent Potterton ein Gauner ist, der die amerikafeindliche Regierung stürzen will, und es zum Putsch und zur Gefangennahme Clivias kommt, verkompliziert das kurze Eheglück, kann aber das Happy End nicht verhindern. Für zusätzliche Verwirrungen sorgen der angereiste Berliner Erfinder Kasulke, Yola, die Anführerin eines Frauenbataillons und der Klatschreporter Lelio, der mit Yola anbandelt. Ist schon das Lesen des Inhalts ein Spaß, so entwickelt sich die Inszenierung Stefan Hubers zum Totalvergnügen. Überbordend von Fantasie reizt der Regisseur alle Möglichkeiten des Stückes aus und verpasst ihm eine treffsichere Mischung aus Revueglamour, Witz, frechem Charme und überhöhtem Unsinn. Dazu liefert Stephan Prattes ein Bühnenbild, das vor schierer Opulenz optisch überwältigt. Zu Beginn befindet man sich in einem pittoresken Grenzdörfchen mit Saloon und Bilderbuchfinca sowie dem Anden-Massiv im Hintergrund. Der zweite Akt überrumpelt mit einem rotierenden Ballsaal, der gleich zwei imposante, mit riesigen Kitschblüten geschmückte Showtreppen bietet, auf denen das Orchester in Big Band-Manier spektakulär postiert ist.

Eine Klasse für sich sind die Mitwirkenden. Christoph Marti ist eine Clivia zum Verlieben. In den schicken Kostümen von Heike Seidler spielt er eine Diva von Format, bei der jede Geste und jeder Augenaufschlag sitzt. Niemals hat man das Gefühl einer billigen Travestie, auch dann nicht, wenn sich der Künstler mit seiner markanten Baritonstimme die Koloraturpartie – Dostal schrieb sie für seine Frau, die Sopranistin Lilli Claus – zu eigen macht. Als südamerikanischer Herzensbrecher präsentiert sich Tobias Bonn in der Rolle des Juan, den er dazu mit herrlichem tenoralen Schmalz und ebenso viel Charme ausstattet. Und die dritte im Pfister-Bunde, Andreja Schneider, gibt die liebesbereite Amazonengeneralin als zackige Vorsteherin mit stattlichem Auftreten und militärischem Schneid. Wenn sie an der Spitze einer Garde von langbeinigen Soldatinnen auftritt, ist das einer der vielen Höhepunkte der Aufführung. Stefan Kurt wieselt als famoser schmieriger Filmproduzent durch das Geschehen, und auch die beiden Ensemblemitglieder Peter Renz als quirliger Reporter und Christoph Späth als Urberliner mit Schnauze haben hinsichtlich Ausstrahlung und komischem Talent keine Mühe, neben den Gästen zu bestehen.

Wunderbar schmissig bringt Kai Tietje, der die Partitur arrangiert und die Clivia-Partie den stimmlichen Gegebenheiten Martis angepasst hat, Dostals Ohrwürmer zu Gehör. Das Orchester ist mit swingendem Feuer dabei, die Chorsolisten begeistern mit ihrer darstellerischen Vitalität, und die Tänzer legen in der fetzigen Choreografie von Danny Costello mitreißende Balletteinlagen hin.

Ein ausverkauftes Haus, ständiger Szenenbeifall, Bravos, Riesenjubel am Ende – und viele strahlende Gesichter. Eine solche Clivia macht eben gute Laune.

Karin Coper

Fotos: Gunnar Geller, Iko Freese