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Fakten zur Aufführung 

CABARET
(John Kander)
21. Juli 2013
(Premiere am 23. Oktober 2004)

Tipi am Kanzleramt, Berlin


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Dauerbrenner unter erschwerten Bedingungen

Im Oktober 2004 hatte das Musical Cabaret in der Bar jeder Vernunft Premiere. Nach dem legendären Weißen Rössl war es die zweite erfolgreiche Großproduktion der Kleinkunstbühne, die ihren zusätzlichen Reiz aus der Mitwirkung von prominenten Künstlerinnen wie Anna Loos und Katharine Mehrling als Sally Bowles sowie Angela Winkler und Maren Kroymann als Fräulein Schneider bezog. Das Stück lief dort bis 2008 und zog zwei Jahre später um in die neue, größere Spielstätte der Bar, das Tipi am Kanzleramt. Hier hat es sich zum Dauerbrenner entwickelt, das in immer neuer attraktiver Besetzung wohl hauptsächlich Touristen während des Theatersommerlochs anlocken soll.

Denn Cabaret ist nach wie vor das berlinspezifische Musical, das die Atmosphäre des aufkommenden Nationalsozialismus treffend einfängt. Das gelingt auch der Inszenierung von Vincent Paterson in den praktikablen Bühnenbildern Momme Röhrbeins, die nahtlos vom anrüchigen Kit-Kat-Club zur Pension wechseln, einschließlich einer niedlichen ein- und abfahrenden Minieisenbahn als optischem Highlight.

In dieser Saison hat Lucy Scherer die Rolle der Sally Bowles übernommen und somit den Aufstieg von einem der Kit-Kat-Mädchen, die sie in früheren Vorstellungen gegeben hatte, zur Hauptrolle vollzogen. Sie weiß sich mit trotzig-naiver Ausstrahlung und durchschlagskräftiger Stimme souverän zu behaupten. Patrick A. Stamme spielt den Cliff, das Alter Ego von Autor Christopher Isherwood, mit rundum sympathischer Ausstrahlung. Seit der Premiere dabei ist Peter Kock, und es ist erstaunlich, wie sensibel und ohne Anflug von Routine er den jüdischen Gemüsehändler Schultz nach so langer Zeit spielt. Regina Lemnitz, eine der Stützen der ehemaligen Staatlichen Schauspielbühnen Westberlins, verkörpert das Fräulein Schneider mit einer anrührenden Mischung aus Ruppig- und Zärtlichkeit. Die Szenen mit den beiden sind Höhepunkte der Aufführung. Der Conférencier bleibt in der Gestaltung von Oliver Urbanski blass, weil er seinen Part zu eindimensional schmierig und ohne Zwischentöne anlegt.

Die Songs machen auch in der reduzierten Instrumentalfassung, die Johannes Roloff nach der Partitur von John Kander erstellt hat, Effekt, zumal sie von Adam Benzwi und seiner kleinen Kapelle mit viel Drive und voller Vitalität dargeboten werden.

Das nicht sehr zahlreich erschienene Publikum klatscht verhalten. Und manch einer beschwert sich am Ende. Zu Recht. Denn die Vorstellung, bei der den Meriten zum Trotz der Funken nur selten überspringt, steht unter einem wirklich schlechten Stern und kann im Grunde nicht angemessen beurteilt werden. Im benachbarten Haus der Kulturen findet ein Open-air-Konzert statt, dessen Lautstärke die Aufführung im Tipi-Zelt ständig übertönt. Dass die Darsteller unter solchen Bedingungen nicht zu optimaler Form finden und das Publikum durch die Doppelbeschallung nicht richtig bei der Sache sein kann, ist verständlich. Wie der Abendspielleiter anschließend erzählt, wird es weitere solcher Parallelveranstaltungen geben. Was die Besucher als Zumutung empfinden, die für ein Ticket um die 50 Euro zahlen. Es gibt also durchaus Verbesserungsmöglichkeiten bis zum zehnjährigen Cabaret-Jubiläum. Das findet im kommenden Jahr statt.

Karin Coper

Fotos: Jan Wirdeier