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Fakten zur Aufführung 

DAS RHEINGOLD
(Richard Wagner)
7. Februar 2014
(Premiere am 4. September 1997)

De Nederlandse Opera Amsterdam


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Große Flächen zum Greifen nah

Abendlich strahlt der Sonne Auge; in prächtiger Glut prangt glänzend die Burg – so läuft die Handlung packend hautnah vor den Augen des Publikums. 18 Jahre zählt diese 2005 aufgefrischte Inszenierung von Intendant Pierre Audi und Bühnengestalter George Tsypin, aber sie ist unverändert packend und modern. Ausgezeichnete Sänger und ein einfühlsames Dirigat untermauern den Erfolg.

Dunkel ist es, mystisch schwillt aus dem Nichts der Klang des Rheins an. Nur die Spitze des Dirigentenstabes mit seinem kleinen Lämpchen hüpft wie ein Glühwürmchen durch den Raum. Mit dem Crescendo erwacht der neue Tag über dem Fluss und so auch der Megabühne, die weit über den Orchestergraben ragt, und mit einer Rampe durch den Zuschauerraum sticht. Dafür dürfen einige Zuschauer in luftiger Höhe über der Bühne das Spektakel miterleben. Bewusst hebt Regisseur Audi und besonders sein Bühnenbildner George Tsypin die klassische Trennung zwischen Bühne, Orchester und Auditorium auf. Sie schaffen Nähe, Betroffenheit. Der Zuschauer wird eingefangen von der Tragödie um Gier, Macht und Rache. Die Märchenwelt mit Riesen und Zwergen ist in seine Reichweite gerückt. Eine großflächige gläserne Plattform hängt schräg über dem Orchester, den Rhein symbolisierend. Akrobatisch tummeln sich darauf die Rheintöchter in roten Neopren-Anzügen in den vermeintlichen Fluten. Lüstern gesellt sich Alberich dazu. Ausdrucksstark gespielt und mit mächtiger Stimme von Werner von Mechelen gesungen. Mit hämischer Lache schiebt er den Schatz im Plexiglas-Würfel von der Bühne. Auch die Götter bekommen ihre mächtige Schräge, um hier die Riesen auch wirklich groß werden zu lassen. In griechisch anmutenden Tuniken schreitet Wotan mit Gefolge umher. Thomas Johannes Mayer als Gottvater sticht mit seinem kräftig roten Faltenkleid und roter Buddha-ähnlicher Frisur hervor, bleibt aber stimmlich farblos. Die Riesen muten wie dunkle Lehmfiguren mit Rissen. Stephen Milling als Fasolt und Jan Hendrik Rootering als Fafner hauchen ihnen viel Kraft und sonores Volumen ein. Putzig tummeln sich die Nibelungen wie Telepuppies in der folgenden Verwandlung, und golden mutet Alberichs Unterwelt an. Wolfgang Ablinger Sperrhackes Mime lässt keine Wünsche offen. Im Käferkleid tummelt er verschreckt geschäftig durch seine Werkstatt und vollbringt einen giftigen Freudentanz nach der Gefangennahme des gehassten Alberichs. Mächtig bewegte Technik und ausgewogene Lichtspiele in der Regie von Wolfgang Goebbel und Cor van den Brink dominieren die Bühnengestaltung. Geschickt holt Audi das Publikum und die Geschichte ein, indem er die Sänger für schicksalhafte, intime Momente auf die Rampe schickt. So geht der Fluch unter die Haut, wenn das hassverzehrte verzweifelte Gesicht Alberichs hautnah in die Augen der gebannten Zuschauer schaut. Nach all den effektvollen, modern und designerhaft gestalteten, kraftvollen Bildern dieser spannenden Inszenierung mutet der sehnlichst erwartete Einzug in die Götterburg Walhalla enttäuschend einfallslos an. Eine steinzeithaft anmutende Holzbrücke wird auf die Bühne geschoben, die Götter verharren wie postiert darauf. Ihrem Ende eilen sie zu singt da Loge zu Recht süffisant. Stefan Margita verinnerlicht seine Rolle als gezähmter, aber Rache lüsterner Halbgott und bringt sie mit seiner hellen klaren Stimme überzeugend zum Ausdruck.

Kreativität und kapellmeisterhafte Fertigkeit liefert der deutsche Hartmut Haenchen am Dirigentenpult. Diszipliniert, fest an der Hand führt er das Orchester durch den Abend. Seine Tempi sind breit, seine Forti wohl dosiert, er schafft eine ausgewogene Harmonie, einen kontinuierlichen Fluss im Spiel. Konturen schafft er durch immer präsente aktive musikalische Untermauerung des Geschehens, ohne aufdringlich zu werden.

Die letzte Aufführungsreihe dieser gefeierten Ring-Produktion hat viele Anhänger auch aus dem Ausland nach Amsterdam gelockt. Lockende Lust auf mehr ist beim Publikum im Schlussapplaus zu spüren.

Helmut Pitsch

Fotos: Marco Borggreve