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Fakten zur Aufführung 

LA CENERENTOLA
(Gioacchino Rossini)
19. Juni 2011 (Premiere)

Theater Aachen

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Zwischen Waschsalon und Brautmoden

Rechts und links auf der Bühne stapeln sich überdimensionale Waschmaschinen in fünf Etagen. Dazwischen viel Wäsche und drei Bügelbretter. In der Höhe ein Baldachin aus Hochzeitskleidern, der sich später in ein Podest verwandeln wird, wenn die Waschmaschinen auseinanderfahren und die Berge von Wäsche verschwinden. Bühnenbildner Alfons Flores sorgt schon beim ersten Öffnen des Vorhangs für Staunen beim Publikum. Für Regisseur Joan Anton Rechi sind die riesigen Kästen mehr als nur billiger Effekt. Er nutzt sie konsequent als Plattform für seine weiteren Regieeinfälle. Mal schauen die Sänger des Opernchors und des Extrachors Aachen daraus hervor, mal dienen sie als Waschmaschinen, Spülmaschinen oder auch als Kleiderschrank. Brautkleider begleiten die Aufführung als ständiges Accessoire und stellen damit den modernen Bezug zum medialen Hype um die Kleiderfrage der letzten royalen Hochzeiten her. Auch in der Ausstattung seiner Darstellerinnen und Darsteller zeigt Sebastian Ellrich sein Können. Mit Fingerspitzengefühl stilisiert er die verschiedenen Typen, ohne sie allzu sehr in Schubladen zu zwängen. Dass der Chor, der gleichzeitig die Leibwache des Prinzen symbolisiert, mit Sonnenbrillen bestückt wird, ist da schon die unterste Grenze fehlender Originalität.

Mit Ball- und Brautkleidern ständig beschäftigt sind die Stiefschwestern Tisbe und Clorinda, wenn sie nicht gerade simultan und sehr elegant in Ohnmacht fallen. Astrid Pyttlik und Eva Bernhard gestalten ihre Rollen nur andeutungsweise boshaft, vielmehr stellen sie die Putzsucht und die Einfalt in den Vordergrund, was für viel Spaß und Abwechslung sorgt. An Bühnenpräsenz unübertrefflich zeigt sich Rolf A. Scheider in der Rolle von Vater Don Magnifico. Mit größtmöglicher Souveränität spielt er alle Nuancen des verarmten Barons aus, zeigt sich mimisch und stimmlich von selbstüberschätzt bis gierig, von devot bis hinterlistig. Bis in die kleinste Bewegung hinein wirkt sein Spiel ausgefeilt natürlich. Weitaus unbeholfener kommt Hrólfur Saemundsson als Kammerdiener Dandini daher. Hölzern in den Bewegungen, fehlt seinem Bariton die Rundung. Alidoro, der Lehrer des Prinzen, wird von Pawel Lawreszuk im Verlauf des Stücks zunehmend als Moderator angelegt und gewinnt damit an Witz. Tansel Akzeybek als Prinz Don Ramiro kommt stimmlich erst spät in Form, dann allerdings gelingen die Koloraturen, und er kann die ganze Freude an der Leichtigkeit Rossinis präsentieren. Leila Pfisters Mezzo verhallt allzu oft ungehört, echte Begeisterung will nicht aufkommen. Auch wenn die Rolle der Cenerentola bewusst blass angelegt ist, heißt das ja nicht, dass es auch die Stimme sein muss. Erst in der Schlussarie wächst Pfister über sich selbst hinaus und beweist ihr Können. Der Chor unter Andreas Kippert wirkt bisweilen etwas schroff, unterstreicht aber wirkungsvoll die Lautstärke des Geschehens.

Laut und schnell wird es, wenn das Sinfonieorchester Aachen nach verhaltenem Beginn aufspielt. Vollen Einsatz zeigt Péter Halász, der an diesem Abend seinen Einstand als 1. Kapellmeister des Theater Aachens gibt.

So bleibt von der Champagnerlaune Rossinis immerhin die Sektlaune eines von vielen, zumeist gelungenen Regieeinfällen getragenen Abends. Das Publikum lässt sich von der guten Laune anstecken, applaudiert begeistert nach jeder Arie und reagiert mit Bravo-Rufen und lautstarkem Jubel auf die Gesamtleistung.

Michael S. Zerban

 









Fotos: Wil van Iersel