Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

UN BALLO IN MASCHERA
(Giuseppe Verdi)
5. Februar 2012
(Premiere)

Theater Aachen


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 

Nach der Premiere

Michael Schmitz-Aufterbeck ist seit sieben Jahren Intendant am Theater Aachen. Nun ist er doch auch Regisseur. Wie ihm das schmeckt, erzählt er hier (4'09).


 

zurück       Leserbrief

Politiker in der Falle

Sieben Jahre hat Intendant Michael Schmitz-Aufterbeck sich bis zur ersten eigenen Inszenierung einer Oper in Aachen Zeit gelassen. Ausgewählt hat er den Maskenball wegen der psychologischen Tiefe und des aktuellen Bezugs. Schließlich gehört es ja in unseren Tagen schon fast zwangsläufig zu einer Politikerkarriere, dass Geheimnisse des Privatlebens in das Licht der Öffentlichkeit gezerrt werden, um so den Sturz der betroffenen Person herbeizuführen.

Entstanden ist eine solide, weitgehend überraschungsfreie Aufführung, bei der es auch schon mal eng wird auf der Bühne. Oliver Brendel hat den Bühnenraum durch einen nach vorne offenen Holzkasten verkleinert, der eine Reminiszenz an die Bühne im schwedischen Schloss Drottningholm darstellen will, in dem Gustav III. selbst Theater spielte und inszenierte. Der Kasten besteht aus Lamellen, die sich einzeln öffnen lassen und raschem Zu- und Abgang von drei Seiten dienen. Spannung entsteht durch die differenzierte Lichtregie von Dirk Sarach-Craig. Langeweile und Unruhe im Saal entsteht in den häufigen Umbaupausen, in denen wenige Requisiten auf der Bühne ausgetauscht werden, die jeweils als Andeutung der Spielorte dienen. Bei den Kostümen wechselt Sandra Münchow von „Rokoko light“ zu zeitlos-aktuell, ehe sie sich in einem Rausch aus rot verliert.

Das junge Ensemble zeigt sich weitgehend spielfreudig. Insbesondere die Männerrollen begeistern. Ganz vorne weg Yikun Chung, der seinen Tenor durch alle Höhen und Tiefen unbeschwert differenziert, während er den Gustavo mit größtmöglicher Intensität spielt. Wohl lange ist kein König mehr so überzeugend – und lange – auf der Bühne gestorben. Widerpart Renato gewinnt mit Tito Yous variablem, gut verständlichem Bariton und überzeugender Darstellung die nötige Überzeugungskraft. Viel Freude bereiten die glockenhelle Stimme der Jelena Rakić und ihr forscher, selbstbewusster Auftritt in der Hosenrolle des Oscar. Ganz im Gegensatz zu Irina Popova als Amelia. Eher behäbig im Auftreten, zittert ihre Stimme in die Höhen und bricht im Schutz des Orchesters schon mal ab. Zu Recht gefeiert wird Sanja Radisic in der Rolle der Wahrsagerin. Die Verschwörer Pawel Lawreszuk und Il-Hoon Kim spielen und singen ordentlich.

Kapellmeister Péter Halász treibt das Sinfonieorchester Aachen ordentlich an. Wenn es so richtig zur Sache geht, bleibt den Akteuren auf der Bühne keine Chance mehr. Chor und Extrachor des Theater Aachen unter Leitung von Andreas Klippert zeigen sich präzise und beweglich in der Stimme, in der räumlichen Enge der Ballszene beweisen sie auch Beweglichkeit im Gewirr der Menge. Hier stößt auch die Kreativität der Choreografin Anna Melnikova an ihre Grenzen, die sich zuvor zu einem Männerballett versteigt. In einer der Hochburgen des Karnevals, der ja zumindest in den Sälen schon zur Hochform aufläuft, mag man ihr die kleine Albernheit nachsehen.

Das Publikum sieht nicht nur darüber hinweg, sondern feiert eine im Großen und Ganzen gelungene Aufführung lang anhaltend und mit teilweise stehenden Ovationen. Intendant Schmitz-Aufterbeck jedenfalls kann mit seinem Einstand zufrieden sein.

Michael S. Zerban

Fotos: Carl Brunn