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Italienischer Primadonnenzauber
24 Tage brauchte Maestro Gioachino Rossini, um seine Vertonung des Märchenstoffes über das vernachlässigte, ungerecht behandelte Töchterchen, das mit Hilfe von guten Geistern und der ehrlichen Liebe zur milden Prinzessin oder Fürstin emporsteigt. Der Uraufführungstermin des Werkes in Rom stand mit dem 24. Januar 1817 schon fest, bevor Titel und Libretto standen. So wurde zwei Tage vor Weihnachten in einer aufgeheizten Nachtsitzung die Idee von Cenerentola geboren, ursprünglich noch mit Angiolina betitelt, aber die Zensur sprach sich dagegen aus, da eine bekannte Namensvetterin ein freizügiges, anstößiges Leben zu der Zeit führte. Angesichts des Zeitdrucks und wie auch damals üblich, recycelte Rossini frühere Kompositionen in diesem Werk und schuf rund um die bekannte Handlung eine Opera buffo, mit semiseria gemischt. Die Premiere war ein Reinfall, aber Rossini war von seinem Werk überzeugt. Und er sollte recht behalten. Schnell setzte sich die Oper durch und wurde zu einer der beliebtesten ihres Genres. Sie war auch die erste Oper, die auf dem jungen Kontinent Australien gespielt wurde.
Primadonnen waren für die Entstehung der Opern Rossinis wichtig, die Partien wurden zum Teil speziell für sie komponiert oder adaptiert. Primadonnen spielen auch heute eine bedeutende Rolle in der Aufführungsgeschichte. So auch für die Wiederaufnahme von Cenerentola am Opernhaus Zürich.
Cecilia Bartoli, die dem Haus eng verbunden ist, verkörpert das arme, leidgeprüfte Mädel Angelina selbstbewusst und omnipräsent mit ihrem charmanten, fröhlichen Naturell. In der Inszenierung von Cesare Lievi herrscht Bewegung und Situationskomik. Es darf, ja, es muss gelacht werden, und das liegt der Bartoli. Stimmlich souverän, wirken die Koloraturen am Ende wenig geschmeidig und angestrengt. So auch Lawrence Brownlee als Don Ramiro. Sein Tenor ist weich und lyrisch, sicher in der Höhe, aber im Umfang klein. Die Lacher auf seiner Seite hat Charles Chausson als der erbarmungslose Vater und Lebemann Don Magnifico. Sicher und gekonnt verbindet er Spiel und Gesang. Sen Guo und Liliana Nikiteanu mimen die beiden mitleidlosen, aber tolpatschigen Schwestern überzeugend und stimmlich gut abgestimmt. Der groß gewachsene Chinese Shenyoung wirkt dominant in seiner Rolle als Alidoro, bleibt aber farblos im Gesang.
Viel Bewegung auch in der Körpersprache des Dirigenten des Abends, Gian Carlo Andretta, die sich auf das Spiel des jungen Orchesters überträgt. Schwungvoll, akzentuiert und sehr italienisch seine Interpretation im Orchestergraben.
Das Publikum huldigt ihrem Liebling Cecilia Bartoli, aber belohnt auch die übrigen Mitwirkenden mit heftigem Applaus.
Helmut Pitsch
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