Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

DER ZIGEUNERBARON
(Johann Strauss)
16. Dezember 2014
(Premiere am 6. Dezember 2014)

Mainfranken Theater Würzburg


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Zigeunerromantik

Die Operette Der Zigeunerbaron von Johann Strauss aus dem Jahr 1885 entspricht in vielem nicht dem heutigen Begriff von „political correctness“. Das mag aus der damaligen Zeit heraus erklärbar sein, aber auch aus der politischen Naivität des Komponisten, seinem Streben, mit diesem Werk endlich einmal auch auf die Opernbühne zu kommen – was bekanntlich nicht glückte – nicht zuletzt war Strauss von seinem untrüglichen Geschäftssinn geleitet. Ungarisches war en vogue, und tatsächlich wurde diese Operette ein Riesenerfolg. Sie ist auch heute noch ungebrochen beliebt wegen der bekannten Melodien, den ungarischen Weisen und den Walzern, wegen der irgendwie sentimentalen Grundstimmung. Heutige Besucher schätzen diese Operette wegen ihres Unterhaltungswerts. Denn die auch möglichen satirischen Untertöne werden gerne verdrängt.

Doch muss es gleich so unbedarft harmlos zugehen, wie es Regisseur Uwe Drechsel in seiner sehr bunten Inszenierung am Würzburger Mainfranken-Theater zeigen will? Er beschränkt sich auf eine Kostümorgie, in der die exotisch glitzernden Kleider der Zigeuner, die Folklore-Tracht der ungarischen Schweinezüchter-Familie, die Tschakos und Uniformen der Husaren und die prächtigen Toiletten der Wiener Gesellschaft der K.u.k.-Monarchie um die Wette glänzen dürfen. Götz Lancelot Fischer schwelgt da in optischer Opulenz, doch ein bisschen mehr Bewegung oder abwechslungsreiche, lebendige Personenregie hätten der Aufführung gut getan, denn allein die Balletteinlagen von Marius Krisan reißen das nicht heraus, auch wenn die alte Zigeunerin Czipra ständig wie eine Hexe herumschleichen muss. Dass aber der Türke mit Theaternebel, Krummsäbel und Turban aus dem Untergrund auffährt, wirkt doch etwas kitschig. Allerdings heben sich die bunt gekleideten Personen gut ab vom hellen Hintergrund, den Bernd Franke mit Gutshaus, Zigeunerhütte und Wiener Stadtpalais möbliert hat. Das Licht von Walter Wiedmaier scheint oft etwas planlos eingesetzt.

Zur vielleicht allzu gemütlichen Ausstrahlung trägt auch das recht langsame Dirigat von Uwe Beckedorf bei; schon die Ouvertüre zerfällt dadurch etwas, und auch später fehlen öfter Schwung und Spannung, obwohl das Philharmonische Orchester Würzburg sehr klangschön musiziert.

Unter den männlichen Darstellern ragt äußerlich der elegante, schneidige Graf Homonay hervor, und Daniel Fiolka singt ihn mit angenehmem Bariton. Durch herrlich geziert-vornehme Mimik und Gestik gelingt Kai Christian Moritz der königliche Kommissär Carnero als feinsinnig komische, auch groteske Figur. Dagegen bleibt Paul McNamara als heimkehrender Emigrant und Landbesitzer Sándor Bárinkay eher farblos; ihm fehlt ein wenig die lockere jugendliche Ausstrahlung, und auch sein heller Tenor klingt in den Höhen oft angestrengt. Immerhin versucht er, sich gegen das Schlitzohr Zsupán, den Schweinezüchter, durchzusetzen, den Bryan Boyce gutmütig und bäurisch mit nicht allzu kräftiger Stimme gibt. Die Tochter Arsena, gespielt von Anja Gutgesell, gesungen von Jeannette Oswald, soll den geschäftlichen Frieden zwischen den beiden streitenden Parteien mittels Ehe stiften, doch sie ist schon längst liiert mit dem jungen, etwas unauffällig agierenden Ottokar, Maximilian Argmann. Der aber ist der Sohn von Arsenas Gouvernante Mirabella, von Barbara Schöller als Prachtweib mit noch vielen Wünschen gezeichnet und mit viel Einsatz gesungen. Die alte Zigeunerin Czipra aber muss ständig bedeutungsvoll herumhumpeln und mit einem magischen Stab drohen; Sonja Koppelhuber betont das Hexenweib etwas sehr, unterstützt das mit ihrem gelegentlich etwas scharf klingenden, ansonsten runden Mezzosopran. Ein Genuss jedoch ist die Saffi der Silke Evers, sowohl durch ihr frisches Spiel wie auch durch ihren wohltuend sicheren, schön glänzenden Sopran. Hervorragend aber in seiner klanglichen Ausgewogenheit und Präsenz der viel beschäftigte Chor, den Michael Clark gut eingestellt hat.

Dem Publikum bei der dritten Vorstellung im nicht ganz voll besetzten Haus gefällt eine solch bunte, unterhaltsame Aufführung, und es honoriert die Bemühungen aller Mitwirkenden mit langem, jubelnden Beifall.

Renate Freyeisen

 

Fotos: Falk von Traubenberg