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Fakten zur Aufführung 

ENCOUNTERS
(Nathan Balser, Ihsan Rustem, Curt Holman, Kathleen Heremesdorf, Colleen West, Peter Chu, Jeffrey Louizia)
16. Juli 2015
(Premiere am 13. Februar 2014)

Mainfranken Theater Würzburg


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Sinnlich, akrobatisch, mitreißend

Begegnungen können ganz unterschiedlich aussehen. Energiegeladen, sinnlich, überraschend, aggressiv. Sie ereignen sich an verschiedenen Orten und zu den unterschiedlichsten Zeiten. Mit dem Programm Encounters – zu Deutsch Begegnungen – feierte das Contemporary Dance Theatre der Brigham Young University aus den USA jetzt Deutschlandpremiere im unterfränkischen Würzburg. Anlass: die Balletttage 2015 des hiesigen Mainfranken-Theaters. Erstmals überhaupt sind die jungen Tänzer übrigens – nach zahlreichen Gastspielen in Amerika und Asien – auf Europatournee. Mit Erfolg: Nicht nur das Publikum in Prag, Budapest, Wien und nun zuletzt Würzburg ließ sich von der Leidenschaft der engagierten Künstler mitreißen, sondern auch die Jury. Beim New Prague Dance Festival in Tschechien Anfang Juli belegte die Kompagnie aus den Vereinigten Staaten mit Encounters den ersten Platz. 

Künstlerischer Leiter des zeitgenössischen Tanztheaters ist Nathan Balser, der zuvor bei verschiedenen Broadway-Produktionen wie den Musicals Cats oder Mamma Mia mitwirkte. Für die insgesamt zehn Nummern des Abends zeichnen verschiedene junge Choreografen verantwortlich. Hier liegt der Reiz und ist Broadway-Einfluss zu spüren: Es geht nicht nur um ernsten Anspruch, ebenso wenig um ständig seichte Unterhaltung. Magisch-ernste Momente wie Ihsan Rustens Heartlines oder Peter Chus sinnliches Forming in wechseln sich ab mit Curt Holmans Boggie-Woogie-Spaß Fling, Flang, Flung, Colleen Wests rasantem Stepptanz Tapping and Swingin‘ und kraftgeladenen Gute-Laune-Momenten mit dem gesamten Ensemble. Nathan Balser selbst zeigt nur zwei eigene Choreographien. Exemplarisch ein Blick auf Carrying Samsonite: Das Tanzwerk erzählt von Menschen auf der Reise, dem Warten, der Vorfreude, dem Entdecken – und natürlich dem Begegnen. Balser arbeitet mit bekannter Musik, unter anderem von U2, mit Stühlen und Körperbalance. Vielleicht der berührendste Moment des Abends folgt am Ende der Samsonite-Reise: Zwei Menschen begegnen, lieben und trennen sich zu dem Song-Klassiker Hallelujah. Was folgt sind im wunderbar ausdrucksstarken „Pas de deux“ hilflose Umarmungen, die Suche nach Nähe, das verzweifelte Loslassen.

Bühnenbilder hat das Contemporary Dance Theatre auf der Europatournee nicht dabei, als einzige Requisite dienen Klappstühle. Stattdessen arbeitet das Regieteam teilweise mit Projektionen, ständig mit gut platzierten Lichteffekten. Die Garderobe – mal luftig-fliegende Kleider, mal schlichte Ganzkörperanzüge, mal niedliche Trägerkleidchen und bunte Schleifen im Haar – sorgt für zusätzliche Farbe.

Den tänzerischen Höhepunkt des Abends schenken dem Publikum Colin Holbrook und Heidi Jorgensen. In Ihsan Rustems Choreographie Psalom kombinieren die beiden Tänzer sinnliche Ruhe mit Akrobatik, begegnen sich in immer wieder neuer Balance, lassen zwei Körper zu einem verschmelzen. Gleichzeitig wird die Tanztheater-Show von einem wunderbar motivierten Ensemble getragen. Zugegeben, in manchen Szenen wünschte man sich einen Tick mehr Synchronität. Die einen Tänzer zeigen mehr, die anderen weniger Körperausdruck. Doch die Freude, mit der sich die jungen Künstler selbst zwischen akrobatischen, sinnlichen, ästhetischen und energiegeladenen Elementen bewegen, reißt das Publikum mit. Und so erstaunt es nicht, dass der Applaus für kraftvolle Ensemble-Nummern am intensivsten ausfällt: Mondlicht und vorbeiziehende Wolken ummalen Nathan Balsers Rapture. In wehenden, langen Kleidern wirbeln die Tänzer über die Bühne, werfen Luna die Arme entgegen, feiern ein großes nächtliches Fest der Begegnung. Gute Bühnen-Laune und Tanz-Begeisterung, die fast zwangsläufig ansteckt.

Ein großer Teil der Zuschauer zollt den jungen Tänzern aus Amerika am Ende des Abends stehende Ovationen.

Michaela Schneider

 

Fotos: Christopher Peddecord 2013