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Fakten zur Aufführung 

DIE FRAU OHNE SCHATTEN
(Richard Strauss)
12. September 2014
(Premiere)

Hessisches Staatstheater Wiesbaden


Points of Honor                      

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Gesang

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Fulminanter Auftakt

Mit Spannung war der Amtsantritt des neuen Intendanten am Hessischen Staatstheater Wiesbaden erwartet worden. Uwe Eric Laufenberg eröffnet die neue Spielzeit des Musiktheaters mit einem Paukenschlag. Fast vier Stunden lang zeigt er mit der Frau ohne Schatten, was er unter dem Anspruch versteht, Oper sei ein Gesamtkunstwerk. Das Bühnenbild, so viel kann man schon zu Beginn der Spielzeit sagen, wird mindestens zu den besten der kommenden Saison zählen. Kongenial hat Gisbert Jäkel eine Hebebühne entwickelt, die zwischen der futuristisch-minimalistisch anmutenden Welt der Kaiserin und ihres Mannes und der eher naturalistischen Szenerie der Färberei wechselt. Das geht „blitzschnell“ und so mancher staunt, wie dieser Umbau in der Kürze der Zeit funktioniert. Erst spät löst Laufenberg das Geheimnis auf, indem er beim Wechsel des Bühnenbildes den Vorhang offen lässt. Antje Sternberg kleidet die Akteure in geschmack- und fantasievolle Kostüme, die die Rollen treffend charakterisieren. Und zum Gesamtkunstwerk gehört selbstverständlich auch das Licht von Andreas Frank, der mit zahllosen Effekten das Stimmungsbild wirkungsvoll untermalt. Gerard Naziri steuert Videos bei, die nicht zwingend sind, aber auch nicht stören.

In diesem spannungsgeladenen Rahmen fühlen sich die Akteure sichtlich wohl. Und sie zeigen eine Leistung, die eindeutig in die Spitzenliga gehört. Ob Andrea Baker als Amme, Färberin Nicola Beller Carbone oder Kaiserin Erika Sunnegårdh – die Damen scheinen geboren, um die Musik von Richard Strauss zu singen und zu spielen. Ebenfalls mit angenehmer Stimme fällt Gloria Rehm als Falke auf. Thomas Piffka verleiht dem Kaiser einen prachtvollen Tenor, und Oliver Zwarg gibt einen grandiosen Barak. In den Nebenrollen gibt es ebensowenig Ausfälle wie beim hauseigenen Chor in der Einstudierung von Albert Horne und Christoph Stiller oder dem Jugendchor des Theaters unter der Leitung von Dagmar Howe.

Ebenfalls hervorragende Arbeit leistet das Hessische Staatsorchester unter Zsolt Hamar. Der arbeitet die Akzente und Besonderheiten Straussscher Musik – extrem schön: die Variationen des Falkenmotivs – sehr differenziert heraus, leitet dabei überaus aufmerksam die Sängerinnen und Sänger durch die Partitur. Ein Wermutstropfen ist die mangelnde Balance zwischen Gesang und Orchester. Allzu oft muss das Bühnenpersonal gegen die Musik ansingen, und häufig gelingt das nicht. Trotzdem entwickeln die Musiker einen grandiosen Sound, und im zweiten Akt wäre mancher Techno-Schuppen-Besitzer vor Neid erblasst. Selten kann man eine vierstündige Aufführung so packend und spannungsgeladen erleben.

Schon nach dem ersten Akt werden erste Bravo-Rufe laut. Und kaum ist der letzte Schlussakkord verklungen, ruft einer der Besucher „Das ist der Wahnsinn!“ in den Saal. Die Wiesbadener feiern ihren Intendanten und sein Team lang und überschwänglich. Und so manch einer ist an diesem Abend stolz darauf, beim Beginn einer neuen Ära dabei gewesen zu sein.

Michael S. Zerban

Fotos: Monika und Karl Forster