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Fakten zur Aufführung 

SIEGFRIED
(Richard Wagner)
25. Juni 2014
(Premiere am 27. April 2008)

Wiener Staatsoper


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Im grünen Auge des Drachen

Riesig, beinahe die gesamte Hinterbühne ausfüllend, zum Fürchten bedrohlich grün ist das Auge des Drachen, das sich bei dessen Tode blutrot färbt. Direkt in diesem Auge lässt Sven-Eric Bechtolf den Kampf des Titelhelden als Videoprojektion ablaufen. Tödlich verletzt erscheint dann noch der blutige Fafner als Riese von der Unterbühne in die Höhe fahrend, in eine Reptilhaut eingewickelt: So spektakulär lässt der deutsche Regisseur diese Schlüsselszene ablaufen. Poesievoll lässt er andererseits die schlafende Brünnhilde vom Titelhelden aus durchscheinenden Seidentüchern auswickeln. Ansonsten erzählt Bechtolf beim Siegfried von Richard Wagner, bei dem nie mehr als zwei Personen auf der Bühne stehen, schlicht und einfach die Geschichte. Er konzentriert sich bei seiner durchdachten Personenführung im grauen Einheitsraum von Rolf Glittenberg mit entweder mehreren Schmiedetischen oder flüchtenden Tieren an den Wänden und in den Kostümen von Marianne Glittenberg gekonnt auf die Gefühle, Stimmungen und Beziehungen der Protagonisten ohne auf irgendwelche Deutungen einzugehen.

Er ist beinahe ständig auf der Bühne. Er muss in dieser gefürchteten, mörderisch schweren, Kräfte raubenden Partie immer wieder die höchsten Töne stemmen. Und doch hat er auch für das lange Finale immer noch solche notwendigen Kraftreserven, dass sein Tenor in den dramatischen Ausbrüchen wie auch in den lyrischen Passagen hörbar strahlt und glänzt: Stephen Gould ist derzeit wahrscheinlich einer der besten Siegfrieds.

Aber auch sonst ist das überwiegend sehr wortdeutliche Sängerensemble im zweiten Teil von Richard Wagners Tetralogie an der Wiener Staatsoper erstklassig: Nina Stemme als Brünnhilde singt alle Spitzentöne mühelos. Zudem passt ihr blühender, weicher Sopran ideal zur Verwandlung von Wotans Lieblingswalküre in eine liebende Frau. Schon ihr Heil dir Sonne, heil dir Licht erzeugt wohliges Entzücken. Den Wotan, der sich jetzt Wanderer nennt, singt Tomasz Konieczny im Vollbesitz seiner stimmlich mächtigen und auch darstellerischen intensiven Fähigkeiten mit dominanter, göttlicher Bühnenpräsenz. Er liefert sich auch ein eindringliches Duell mit Alberich, der von Jochen Schmeckenbecher mit kernigem, ausgesprochen schön klingendem Bariton gesungen wird. Erstklassig und gleich verschlagen, wenn auch weniger erfolgreich, hört man auch seinen Bruder Mime, den Herwig Pecoraro mit idealem Charaktertenor ausdrucksstark präsentiert. Ain Anger ist ein machtvoller, schwarzer Fafner, Janine Baechle eine dunkel gefärbte Erda, Ìride Martínez ein inniger Waldvogel.

Àdam Fischer weiß aus dem Orchester der Wiener Staatsoper, das sich in absoluter Hochform befindet, große Klangpracht zu entfalten, ohne dabei die Sänger zuzudecken. Wie man sofort merkt, können Musiker und Dirigent bestens miteinander. Der ungarische Maestro modelliert dabei detail- und farbenreich die vielschichtige Partitur, besonders das Waldweben und das Finale werden zum klanglichen und emotionalen Ereignis.

Großer und langer Jubel im Publikum, wobei einige Besucher lautstark verkünden, eine Sternstunde erlebt zu haben. Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.

Helmut Christian Mayer

Fotos: Michael Pöhn