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Fakten zur Aufführung 

GÖTTERDÄMMERUNG
(Richard Wagner)
29. Juni 2014
(Premiere am 8. Dezember 2008)

Wiener Staatsoper


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Grandiose endzeitliche Stimmung

Wotan mit zerbrochenem Speer steht in einem gigantischen, rotglühenden Feuersturm, dann scheint ein wilder Wasserstrudel alles mitzureißen und zu vernichten, bevor auf der leeren Bühne ein junges, halbnacktes, eng umschlungenes Menschenpaar als Symbol eines zukunftsvollen Hoffnungsschimmers erscheint: So lässt Sven-Eric Bechtolf die Götterdämmerung von Richard Wagner an der Wiener Staatsoper enden. Aber abgesehen von diesen finalen, spektakulären Videoprojektionen erlebt man im Haus am Ring einen recht biederen Abend, ohne dass der Regisseur auch nur irgendeinen Versuch einer Deutung der endzeitlichen Tetralogie unternimmt. In seiner ziemlich statischen Inszenierung in dem hässlichen, grauen Einheitsraum, der von Rolf Glittenberg erdacht wurde, mit zeitweiliger grüner Hintergrundverglasung, einer Baumschule von kleinen Tannen statt des Walkürenfelsens, mit eckigen Säulen und einem Schneckensofa in den Halle der Gibichungen oder Booten bei der Jagd in seltsam anmutenden Kostümen von Marianne Glittenberg konzentriert sich Bechtolf lieber auf die Führung der einzelnen Protagonisten und rückt dabei den Hagen in den absoluten Mittelpunkt.

Was bei der Premierenserie 2008 wegen der Persönlichkeit und überragenden Präsenz von Eric Halfvarson aufging, funktioniert nun bei Attila Jun in dieser Partie nur bedingt. Er verfügt zwar auch über einen pechschwarzen Bass, von dem man sich allerdings etwas mehr Volumen gewünscht hätte. Zudem hätte man ihn gerne noch böser und intrigantenhafter gesehen. Er hätte szenisch mehr den fiesen, genialen Drahtzieher des Geschehens hervorkehren sollen, dem das Geschwisterpaar Gunter, dieser wird von Markus Eiche sehr kultiviert gesungen und von der Regie als völliges Weichei gezeichnet, und Gutrune, die etwas blass von Caroline Wenborne interpretiert wir, beinahe hündisch ergeben ist. Hagen selbst wird wiederum als Marionette seines Vaters Alberich gezeigt. Jochen Schmeckenbacher verleiht ihm ein besonders prägnantes Profil.

Nina Stemme singt die Brünnhilde wie schon beim Siegfried phänomenal: Nach starkem Beginn hat sie auch für ihren großen Schlussgesang noch genügend Kraftreserven. Ihr Sopran bleibt immer warmtimbriert und schafft mühelos alle Spitzentöne. Zum Niederknien ist auch die Gesangsleistung von Stephen Gould. Wie schon als Jung-Siegfried singt er auch diese Partie mit scheinbar unerschöpflichen Kraftreserven mit all ihrer Schönheit seines wunderbar baritonal klingenden Tenors und allen Spitzentönen. Herausragend hört man auch Janine Baechle als Waltraud. Die drei Nornen mit Zoryana Kushpler, Stephanie Houtzeel und Ildikó Raimondi und die drei Rheintöchter mit Simina Ivan als Woglinde, Ulrike Helzel als Wellgunde und Alisa Kolosova als Flosshilde singen alle auf Staatsopernniveau, ihre entbehrlichen Badekappen und Trockenschwimmübungen zwischen den Booten sind leider immer noch zu erleben. Untadelig, kräftig und durchsichtig singt auch der Chor des Hauses, der von Thomas Lang wieder verlässlich einstudiert wurde.

Was den Abend zudem noch in den Rang des Außergewöhnlichen hebt, spielt sich im Graben ab. Dort musiziert das Orchester der Wiener Staatsoper unter Ádam Fischer mit geradezu überirdischer Schönheit, Subtilität, kammermusikalischer Transparenz aber auch hochdramatischen, spannungsgeladenen Ausbrüchen.

Grenzenloser Jubel des Publikums im übervollen Haus, das seine Sängerlieblinge x-fach vor den Vorhang ruft und gar nicht gehen lassen will.

Helmut Christian Mayer

Fotos: Michael Pöhn