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Fakten zur Aufführung 

FLÓREZ AND FRIENDS IN CONCERT FOR SINFONIA POR EL PERU
(Juan Diego Flórez)
12. April 2015
(Gala)

Wiener Staatsoper


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Sozialer Wandel und Aufstieg durch Musik

Vor vier Jahren gründete der Tenor Juan Diego Flórez in seiner peruanischen Heimat die Initiative Sinfonia por el Peru. Kinder und Jugendliche aus sozial benachteiligten Verhältnissen sollen über die Musik, das Erlernen eines Instrumentes eine bessere Zukunft, eine neue Perspektive für ihr Leben und für ihre Familien erhalten. In den vier Jahren seither wurden dreizehn Musikschulen im ganzen Land für Kinder zwischen 5 und 15 Jahren gegründet und aufgebaut, Musiklehrer ausgebildet, und die ersten Ergebnisse sind vielversprechend. Man denkt in diesem Zusammenhang an Venezuela und das wegweisende erfolgreiche Projekt El Sistema, das hier auch Pate steht.

Um weitere finanzielle Mittel einzusammeln und dem frisch gegründeten Förderkreis Freunde Juan Diego Flórez mit Sitz in Wien mehr Öffentlichkeit zu verschaffen, lädt der Belcanto-Tenor zusammen mit hochkarätigen Gesangsfreunden zahlungskräftiges Publikum in die Wiener Staatsoper zu einem karitativen Galakonzert. Am Anfang steht gleich eine schlechte Nachricht – holprig witzig zugestellt durch den Intendanten Dominique Meyer – die Absage von Anna Netrebko, die am Abend zuvor noch als Anna Bolena im Haus triumphierte.

Auftakt der Veranstaltung ist ein kurzer Film, der die Arbeit der Initiative dokumentieren soll. Flórez spricht mit Kindern und Lehrern, bringt seine Gedanken zur weltverbessernden Wirkung von Musik vor, aber insgesamt fehlt dem Video die schlüssige Botschaft und Wirkung. Mehr dazu erlebt man dann live gleich zu Beginn. Das Harmonia Symphony Orchester setzt sich aus Schülern der Initiative Sinfonia por el Peru zusammen, die von Mitgliedern der Wiener Philharmoniker in verschiedenen Instrumentengruppen unterstützt werden. Mit ansteckender Begeisterung, Ehrfurcht und Stolz spielen die Jugendlichen beseelt unter der fachmännischen Führung von Andriy Yurkevych, der sich auch engagiert um die Entwicklung des Orchesters kümmert. Beachtlich das qualitativ hohe technische Niveau und die spielerische Ausdruckskraft, mit der sich die Jungen und Mädchen an ihre Aufgabe machen und so den Stars ebenbürtige Begleitpartner stellen.

Und es sind die Großen der Opernbühne, die hier mit ihrem Auftritt die Arbeit und das Engagement Ihres Kollegen Flórez unterstützen. Mit Cecilia Bartoli als Partnerin im Duett aus Rossinis Cenerentola erlebt man das Gipfeltreffen des Belcanto. Locker, mit viel Komik wird die Szene bühnenreif von den beiden bespielt. Bartoli kommt in Gummihandschuhen und mit Besen auf die Bühne und wird beim Anblick von Flórez als Prinz Alidoro wahrlich gleich hingerissen, wie wohl viele seiner weiblichen Anhängerschaft. Die Koloraturen sprudeln nur so, und er umwirbt die Bartoli mit seiner feinen, hellen, geschmeidigen Stimme. Ähnlich überzeugend sein Duett aus Giuseppe Verdis Rigoletto mit der anmutig schönen jungen Aida Garifullina als Gilda. Souverän und amüsant der musikalische Gedankenaustausch mit Ildas Abdrazakov in der Interpretation von se inclinassi a prender moglie aus der Italienerin aus Algier von Gioachino Rossini. Dem folgt Michele Perusi mit seiner mächtigen Bassstimme polternd in der Arie La calunnia aus dem Barbier von Sevilla.

Luca Pisaroni überzeugt mit seiner Inbrunst und Mimik in Leporellos Glanzarie Madamina aus Wolfgang Amadeus Mozarts Don Giovanni, und Anna Bonitatibus steuert ausdrucksstark akklamierend, aber nicht immer klar, Cherubinos Arie voi che sapete aus der Hochzeit des Figaro des Meisters bei. Tief angelegt und breit, aber wenig spannend Alessio Arduino mit seiner Arie Hai vinta la causa aus derselben Oper. Für Netrebko übernimmt Valentina Nafornita das Lied an den Mond aus Antonin Dvoraks Rusalka und lässt mit ihrer großartigen Leistung den Ausfall schnell vergessen. Ihre Anmut und Schönheit auf der Bühne und besonders der makellos helle, in der Höhe silbrig weiche Sopran mit großer Spannkraft lässt Freude und Lust auf mehr aufkommen. Das liefert sie noch mit der herrlichen Interpretation der Arie der Mimi aus Giacomo Puccinis La Bohème. Vittorio Grigolo glänzt schon länger am Tenor-Himmel und lässt dort die Sterne hell aufleuchten mit einer pathetischen, aber stimmlich überzeugenden Interpretation von E lucevan le stelle. Ein junger und erwartungsvoller Tenor ist Celso Albelo, der mit einer feurigen Cantilene aus einer Zarzuela eine gelungene Präsentation seiner umfangreichen Stimme mit Timbre und Höhe gibt. Clemens Unterreiner ergänzt spanische Leidenschaft und Machismo mit der Arie des Escamillo aus Georges Bizet Carmen. Schmetternd in der Höhe, verliert sich seine Stimme und Artikulation in der Tiefe.

Am Ende bedankt sich Gastgeber Flórez charmant herzlich bei allen und vielen und wirbt für sein Projekt. Dafür gibt es viel Anerkennung und begeisterten Beifall beim eleganten internationalen Publikum. Es bleibt zu hoffen, dass für Peru und viele andere Länder dieses und ähnliche Projekte erfolgreich helfen, die Welt nachhaltig zu verbessern und vielen jungen Menschen eine Chance für ein besseres Leben zu geben.

Helmut Pitsch

Fotos: Michael Pöhn