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Fakten zur Aufführung 

FEUERSNOT
(Richard Strauss)
14. Juni 2014
(Premiere)

Wiener Volksoper


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Lodernde Sonnwendfeuer

Hoch auflodern sollten an diesem Sonnenwendtag die Feuer, doch stattdessen versinkt die Stadt im Dunkeln. Schuld daran ist die schöne Diemut, meint jedenfalls Kunrad, der vor Liebe in Flammen steht, jedoch von seiner Angebeteten öffentlich vorgeführt und zum Gespött der Leute gemacht wird. Zur Strafe für diesen Scherz verbannt er zaubernd alles Licht aus der Stadt. Erst als sich Diemut in einer Liebesnacht Kunrad hingibt, gibt er der Stadt das Licht zurück.

Die Enttäuschung von Richard Strauss über seine Heimatstadt München nach dem Misserfolg des Guntram, seiner ersten Oper, veranlassten ihn zu diesem kabarettistischen „kleinen Intermezzo gegen das Theater, mit persönlichen Motiven und kleiner Rache an der lieben Vaterstadt“, wie Strauss in seinen Betrachtungen und Erinnerungen bekannte, wo er die Scheinmoral der Bürger an den Pranger stellte. Die erotisch aufgeladene Geschichte von Feuersnot hat Ernst von Wolzogen in ein mundartliches Singgedicht mit bewusst stark überzogenem Pathos gegossen. „Dass die kleinen spöttischen Anklänge an des Meisters oft etwas schwülstige Lyrik keine Versehen des Textdichters sind, brauche ich wohl eigens nicht betonen“, sagt Strauss selbst dazu. Und so wird auch der damit gemeinte Richard Wagner namentlich direkt in den Text hineinverpackt. Aber der Bayreuther Meister wird auch musikalisch genüsslich zitiert, Motive aus Rheingold, aber auch aus dem Tristan, wie auch meistersingerähnliche Anklänge sind zu vernehmen. Aber auch sonst sprudeln die musikalischen Quellen reichlich, hier ein Münchner Volkslied, dort ein Kneipenlied, aber auch Vorgriffe etwa auf den Rosenkavalier oder auf Ariadne sind unüberhörbar. Zu recht sah Strauss sein gesamtes späteres Opernschaffen in Feuersnot, seinem selbst so bezeichneten Auftakt angelegt und nannte sie als „natur-notwendigen Baustein bezüglich des dramatischen Stils, der Behandlung des Orchesters und aller bei den Aufführungen und Anfeindungen gemachten Erfahrungen, aus denen das bösen Kind ‚Salome’ erwachsen konnte. Aus dem Keime der Feuersnot entsprangen auch das ‚Ariadne’ - Vorspiel, das ‚Intermezzo’ - Experiment und das ‚Capriccio’ – Testament“, führt der Jubiläumskomponist selbst dazu aus. München den Rücken zugekehrt, führte Strauss’ Weg nach Dresden: 1901 am Königlichen Opernhaus in Dresden unter der Leitung von Ernst von Schuch höchst erfolgreich uraufgeführt, läutete Feuersnot die Dresdner Strauss-Tradition ein.

Nun ist das einaktige Singgedicht anlässlich des 150. Geburtstags von Strauss an der Wiener Volksoper, nach 1912 und 1964 zum dritten Mal zu erleben. Obwohl als konzertante Form angekündigt, gibt es durchaus immer wieder kleinere, auch lebhaftere szenische Darstellungen zwischen den Protagonisten. Besonders eindrucksvoll wird das Licht beim Erlöschen und Wiederaufflammen der Feuer eingesetzt.

Die musikalischen Anforderungen der Oper sind beträchtlich, allein 15 Gesangspartien bedarf das Werk, deren Besetzung hier im Haus am Gürtel erstaunlicherweise kaum eine Schwachstelle aufweist. Dabei sei allen voran Kristiane Kaiser als Dietmut erwähnt, die die anspruchsvolle Partie mit ihrem herrlichen Sopran mühelos mit allen extremen Spitzentönen, wunderbarem Ausdruck und herrlichen Phrasierungen meistert. Ganz so mühelos in der Höhe und manchmal etwas angestrengt wirkend kann Dietrich Henschel den Kunrad, eine kräfteraubende, lange Partie nicht singen. Aber er punktet mit intensiver Gestaltung. Andreas Haumer als Bürgermeister und Vater Dietmuts gefällt durch sonoren, profunden Gesang, Roman Sadnik als Burgvogt durch starke Präsenz und eindrucksvolle Stimmgewalt. Elvira Soukoup, Martina Mikelic und Birgid Steinberger gefallen als vitale, glockenrein singende Gespielinnen. Von den vielen kleineren Partien stechen Stefan Cerny als Jörg Pöschl, Yasushi Hirano als Kofel wie auch Alexander Pinderak als Ortlieb Tulbeck und Alexandra Kloose als seine Frau hervor.

Die Einstudierung des gut disponierten Chors des Hauses besorgt Holger Kristen. Jene des Kinder- und Jugendchores der Volksoper, der mit großer Freude, unglaublicher Exaktheit und Tonreinheit singt, Lucio Golino, der diesen auch vom Zuschauerraum aus dirigiert.

Hans Graf, zum ersten Mal am Pult des Hauses, kann wieder einmal beweisen, wie gut das Orchester der Wiener Volksoper bei entsprechend genauer und intensiver Einstudierung klingen kann. Denn man hört es ungemein sensibel und fein differenziert, etwa in der vom Komponisten meisterlich geschilderten Liebesnacht, aber auch immer wieder spannungsgeladen und aufrauschend.

Uneingeschränkte Zustimmung wie auch langer und starker Beifall ist aus dem Publikum zu vernehmen, das dankbar ist, eine solche Rarität erleben zu können.

Helmut Christian Mayer







Fotos: Barbara Pálffy