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Fakten zur Aufführung 

CINQ-MARS
(Charles Gounod)
27. Januar 2015
(Einmaliges Gastspiel)

Theater an der Wien


Points of Honor                      

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Die Hebung eines musikalischen Schatzes

Lange Zeit blieb der Name Charles Gounod reduziert auf sein Ave Maria nach dem Ersten Präludium aus Bachs Wohltemperierten Klavier, das in den Salons der Zeitgenossen ebenso präsent war, wie es das auf den aktuellen Klassik-Samplern immer noch ist. Aber der französische Komponist war ungemein produktiv und in allen Gattungen prägend für seine Epoche: Über hundert Lieder, Vokalwerke weltlicher und geistlicher Art, darunter die berühmte Cäcilienmesse. Seine Bühnenwerke, zwölf vollendete Opern und einige Schauspielmusiken harren großteils ihrer systematischen Entdeckung. Gewiss, sein Faust und Roméo et Juliette behaupten sich auf den Spielplänen. Aber wer kennt schon die Oper Cinq-Mars? Dabei, glaubt man der zeitgenössischen Presse, gab es für die Premiere an der Pariser Opéra Comique 10.000 Kartenfragen. Bei der Uraufführung am 5. April 1877 mussten einige Nummern der Oper wiederholt werden, damals ein Gradmesser für den Erfolg einer Neuheit. Das Werk blieb mit 60 Aufführungen am Spielplan, geriet aber dann zunehmend zu unrecht in Vergessenheit.

Nuit resplendissante – Funkelnde Nacht: Gerade noch diesen träumerischen Nachtgesang kennt vielleicht der eine oder andere Opernspezialist, der hin und wieder auf Arienplatten oder bei Arienabenden von Sopranistinnen gesungen wird. Sonst ist die Oper weitgehend unbekannt. Aber es gibt doch immer wieder Raritäten, deren Wiederentdeckung sich absolut lohnt: Cinq-Mars ist so ein Fall, die jetzt nach München auch am Theater an der Wien, in dessen Programmatik immer wieder Raritäten ihren fixen Platz haben, zu erleben ist und demnächst nach Versailles wandern wird.

Sie handelt vom Marquis de Cinq-Mars, der sich wegen einer vom mächtigen Kardinal Richelieu verbotenen Liebe zur Prinzessin Marie de Gonzague Verschwörern anschließt, um dessen Macht zu brechen. Er wird aber enttarnt und 1642 hingerichtet.

Gounod hat in diesem Bühnenwerk alle Register seiner reichen melodischen Erfindungen gezogen: Feine Klangwelten, idyllische arkadische Schäferszenen, herrliche Kavatinen, eingängige Chöre, Duette und Ensembles. Höhepunkte sind weiters noch der selige Liebestraum des Titelhelden im Kerker und das Freundschaftsduett mit De Thou, seinem treuesten Freund, vor dem gemeinsamen Gang zum Richtplatz.

Charles Castronovo singt Cinq-Mars, eine historisch tatsächlich existente Figur, mit geschmeidigem Tenor und viel Strahlkraft. Véronique Gens ist seine geliebte Prinzessin Marie, die mit feinem, strahlendem Sopran punktet. Tassis Christoyannis singt sehr warmstimmig und edel den Conseiller de Thou. Norma Nahoun ist die koloraturensichere, flexible Kurtisane Marion. Andrew Foster-Williams zeigt als Bruder Joseph und Handlanger des Kardinals viel zynische Bösartigkeit. Andre Heyboer ist ein profunder Vicomte de Fontrailles. Solide sind in Doppelrollen Jacques-Greg Belobo als König und Kanzler wie auch Marie Lenormand als Ninon und Schäferin. Der Chor des Bayrischen Rundfunks, der von Stellario Fagone einstudiert wurde, klingt wunderbar klangschön und sehr ausgewogen.

Ulf Schirmer am Pult des Münchner Rundfunkorchesters legt seinen Solisten eine feine, fassettenreiche Klangwelt zu Füßen, vermag aber auch mit Dramatik packend aufzutrumpfen.

Der Jubel des Publikums ist groß, das froh ist, eine Hebung eines derartigen musikalischen Schatzes miterleben zu dürfen.

Helmut Christian Mayer