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Fakten zur Aufführung 

DIE HOCHZEIT DES FIGARO
(Wolfgang Amadeus Mozart)
23. Juli 2015
(Premiere)

Jeunesses Musicales Deutschland,
Junge Oper Schloss Weikersheim

Points of Honor                      

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Gesang

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Musikalisch-heitere Konfliktlösung

Ein Fest junger Stimmen in einem idyllischen Ambiente, das feiert alle zwei Jahre die junge Oper Schloss Weikersheim der Jeunesses Musicales Deutschland, 2015 mit Mozarts Oper Die Hochzeit des Figaro. Bei ausgezeichneter Akustik können sich vor der wunderbaren Kulisse des Renaissance-Schlosses künftige Gesangsstars im Freien ungehemmt entfalten, und das Publikum darf sich in der Pause beim Promenieren im herrlichen Schlosspark entspannen. Vor einem halben Jahrhundert wurde die Oper im Schlosshof zum ersten Mal aus der Taufe gehoben; mittlerweile ist der Opernkurs durch sein hohes musikalisches Niveau bestens bekannt – etwa 10.000 Besucher werden bis Anfang August erwartet. Heuer wurde aus 300 Bewerbern für den sechswöchigen Vorbereitungskurs wieder ein hochkarätiges internationales Solistenensemble für die Doppelbesetzungen der Rollen ausgewählt; und damit jeder Besucher in deren Genuss kommt, wechseln die Darsteller nach der Pause. So ergeben sich interessante Vergleiche.

Die musikalische Leitung des Europera-Jugendorchesters, das in historisch informierter Aufführungspraxis musiziert, hat wieder Mozart-Spezialist Bruno Weil. Schon in der Ouvertüre lässt er aufhorchen durch flüssiges, frisches, flinkes Spiel der jungen Instrumentalisten vorwiegend aus Deutschland, Tschechien und Polen, durch wirbelnden Impetus der ausgezeichneten Streicher, wobei die Hörner noch etwas mit dem richtigen Ansatz kämpfen. Währenddessen ist schon der offene Bühnenraum von Udo Vollmer sichtbar, eine blaue Plattform , auf der sich hohe Metallgestelle, vorerst noch bedeckt mit wild bemalten Planen, erheben; weiße Türen deuten auf dahinter liegende Räume hin, ein Sessel in der Mitte genügt als Spielort; später werden nur sparsam Stühle und ein paar wenige Requisiten eingesetzt. Lediglich die bunten, von Barock und Rokoko inspirierten Kostüme von Uschi Haug, nicht immer ganz korrekt, wie zerzauste Haare oder zu kurze Hosen zeigen, manchmal auch mit dem Hang zur Karikatur, weisen auf die Entstehungszeit der Oper hin. Regisseur Dominik Wilgenbus möchte durch Reduktion das Hauptaugenmerk auf die inneren Verletzungen und Verwirrungen der Personen lenken; im Vordergrund steht dabei das lebendige Spiel um Verwechslungen, Täuschungen und mehr oder weniger schmerzhafte Erkenntnisse im Einklang mit der herrlichen Musik Mozarts. Das soll auch die Fantasie der Zuschauer anregen.

Lediglich die Bewegungschoreografie im letzten Bild im nächtlichen Garten mit weiß gekleideten Geister-Figuren wirkt etwas gewollt, trägt nichts zur Erhellung des Ganzen bei, ist also schlicht überflüssig. Dennoch bleibt ein äußerst positiver Eindruck zurück. Das liegt vor allem an den Sängerinnen und Sängern. Denn schon der jugendlich kecke Figaro des ersten Teils, Justus Saeger, ein kraftvoller Bariton, abgelöst durch den etwas gemäßigter klingenden Clemens Joswig, gefällt stimmlich sehr. Ein Juwel sind die beiden attraktiven, quirligen Susannen, sowohl äußerlich in ihrem koketten, charmanten Auftreten als auch gesanglich, wobei Miriam Klein durch ihren runden, flexiblen, in den Höhen strahlend glänzenden Sopran ihre „Nachfolgerin“ Joanne d’Mello aus Indien, noch etwas übertrifft in der Stimmstärke, auch wenn diese ihre Rosenarie mit viel Emotion gestaltet. Den ersten Grafen stellt der chinesische, groß gewachsene Bariton Changhui Tan dar und gefällt dabei mit männlich kerniger, beweglicher Stimme, Graf Nummer zwei, Grga Peros aus Kroatien, wirkt etwas würdevoller und bringt einen kräftigen, reich bemittelten, leuchtenden Bariton mit. Im ersten Teil ist die serbische Sopranistin Rita Varga seine unglückliche Gattin, lässt mit ihrem angenehm timbrierten, dramatischen Sopran aufhorchen, im zweiten Teil kann die Australierin Emma Moore diesen begeisternden Eindruck nochmals steigern. Der Cherubino des Anfangs, Kimberley Boettger-Soller, ein relativ heller, aber doch kräftiger Mezzosopran, überstrahlt ihre spätere Besetzung, Vanessa Fasol, doch ein wenig. Beide Marcellinas, Josephine Rösener und Florence Minon, überzeugen sehr durch ihre „runden“, wohl klingenden Mezzosoprane im Verbund mit dem passenden, leicht überkandidelten Auftreten. Bartolo, Dong-Hyub Hong und Mooyeol Yang, sind profunde Bässe, stellen zwar einen imposanten Doktor auf die Bühne, müssen aber als Gärtner Antonio doch eine allzu vertrottelte Figur mimen. Don Basilio, aber auch Don Curzio von Julian Freibott und Thomas Kiechle driften in ihren Rollen bewusst ins etwas Groteske ab; dazu passt der helle, etwas flache Stimmcharakter der beiden deutschen Tenöre. Als Barberina gefallen durch anmutiges Spiel und einen flexiblen, nie zu dünnen Sopran Dorothee Bienert und Aditi Smeets. Wieder einmal mehr rundet der harmonisch klingende internationale Projektchor dieses beglückende Opern-Freiluft-Erlebnis ab.

Minutenlange Ovationen, Trampeln und Bravo-Rufe des begeisterten Premierenpublikums zeigen, dass der Opernkurs in der poetischen Abgeschiedenheit des Taubertals durch eine rundum stimmige Aufführung gekrönt wird.

Renate Freyeisen

 







Fotos: Kamala Börngen