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Fakten zur Aufführung 

UN BALLO IN MASCHERA
(Giuseppe Verdi)
20. Juni 2014
(Premiere)

Arena di Verona


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Sängerfest mit bildmächtigen Arrangements

Es ist schon regelrecht kitschig, dass sich genau zu Beginn der Aufführung die wenigen Schäfchenwölkchen über der Arena di Verona pastellrosa färben während im Rund des römischen Amphitheaters die abertausenden Kerzen der Zuschauer zu leuchten beginnen. Ein wunderbares Bild! Und genau das zählt eben in Verona zur jahrzehntelangen Tradition.

Es ist keinesfalls kitschig, obwohl etwas Kitsch hier eigentlich auch fast immer traditionell zu finden ist, was man dann bei Giuseppe Verdis Un ballo in maschera auf der Bühne sieht: In der Mitte einen in Amerika bei offiziellen Gebäuden häufig zu findenden, neoklassizistischen, halbrunden Säulengang – vielleicht wurde auch deshalb die Bostoner Version dieser Oper ausgewählt – der sich öffnen kann, dessen Decke auch begehbar ist und immer wieder von fahnenschwingenden Soldaten bevölkert wird. Rechts und links davon stehen zwei Pavillons für die intimeren Szenen.

Man merkt von Anfang an, dass Altmeister Pier Luigi Pizzi, der hier in der Arena in verschiedenen Funktionen reichlich tätig war, von der Ausstattung kommt, denn auf diese legt er weit mehr Wert als auf irgendeine Personenführung. Die Geschichte verlegt er um gut hundert Jahre zum Ende des 18. Jahrhunderts hin. Triftige Gründe dafür sind nicht erkennbar. So erlebt man außer dem einzig Bewegung erzeugenden und vielfach eingesetzten Ballett, das von Renato Zanella ideenreich choreographiert wurde, hauptsächlich arrangierte Statik mit zugegebenermaßen eindrucksvollen Bildern, bei denen aber die oberen Stufenränge völlig außer acht gelassen werden, mit farblich geschmackvoll abgestuften, prächtigen, historischen Kostümen und einigen wenigen Pyrotechnik-Effekten, so wie es hier erwartet und geliebt wird und warum man auch herreist.

Jenes Duett im zweiten Akt, wo sie sich ihre verbotene Liebe eingestehen, und das Verdi in wunderbar anrührende Töne gegossen hat, gehört zweifellos zu einem der ergreifendsten Momente von Maskenball. Die Wirkung verstärkt sich natürlich umso mehr, wenn es, wie hier in Verona von zwei außergewöhnlichen Protagonisten gesungen wird.

Francesco Meli als Riccardo versprüht viel Italianità, Schmelz und mühelose, strahlende Höhen. Die Salzburger Festspiele können sich auf seinen Manrico, den er diesen Sommer in Verdis Il Trovatore dort singen wird, freuen. Ihm zur Seite: Hui He, als Aida bereits Arena-erprobt, singt die Amelia ausdruckstark und auch sehr innig. Luca Salsi als Renato verfügt über einen kernigen Bariton, der jedoch in den höheren Lagen weniger überzeugt. Serena Gamberoni als Page Oscar gefällt mit sauberen Koloraturen, es fehlt ihr, trotzdem sie ein Rad schlagen kann, jedoch an Spritzigkeit. Elisabetta Fiorilli als Ulrica hat ihren stimmlichen Zenit schon bei weitem überschritten. Sie fällt mit ihrer abgesungenen, tremoloreichen Stimme extrem ab. Von den kleineren Partien überzeugen noch die beiden Verschwörer Seung Pil Choi als Samuel und Deyan Vatchkov als Tom wie auch William Corró als Silvano. Stimmgewaltig hört man den Chor des Hauses, der nur selten mit dem Graben nicht konform geht und von Armando Tasso gut einstudiert wurde.

Der große Gesten schlagende, erst 27-jährige Andrea Battistoni steht erstmalig am Pult in seiner Geburtsstadt; er gilt als Dirigier-Shootingstar der jüngeren Generation. Er wählt von Anfang an straffe Tempi und hält den Riesenapparat gut zusammen. Vom packenden Brio des Orchesters der Arena di Verona wird man immer wieder mitgerissen. Battistoni kostet aber auch die lyrischen Phrasen wunderbar aus.

Das Publikum, darunter viel lokale Prominenz, das den Beginn und die Pausen extrem hinauströdelt, klatscht und jubelt zum Ende nur erstaunlich kurz. Das Festival in der Arena di Verona dauert heuer bis Anfang September.

Helmut Christian Mayer







Fotos: Ennevi