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Fakten zur Aufführung 

IL TROVATORE
(Giuseppe Verdi)
11. September 2014
(Premiere am 1. Oktober 2010)

Teatro La Fenice di Venezia


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Sängerwettstreit an der Lagune

Das Teatro La Fenice in Venedig hat Operngeschichte geschrieben und ist heute noch eines der bedeutendsten Opernhäuser Italiens. Ein architektonisches Kleinod, das liebevoll über Jahre nach einem verheerenden Brand mit internationaler Hilfe wiederaufgebaut wurde. Die Herbstsaison ist mit einer Wiederaufnahme von Il Trovatore einmal mehr Verdi gewidmet. Die Inszenierung von Lorenzo Mariani stammt aus dem Jahr 2010. Es ist ein puristisches Regie- und Bühnenkonzept, bestehend aus klassischen Renaissance-Gobelins mit Kriegsmotiven als Vorhang und wanderndem Bühnenbild zugleich als Kontrast zu einer leeren Bühne. Die Personenregie birgt wenig Einfälle und lässt die Sänger mit wenig Emotion zusammenstehen oder -spielen. Dem Lichtdesign von Christian Pinaud wird viel Raum gegeben, aber die Effekte verblassen aufgrund der über allem liegenden Dunkelheit. Viel Mond leuchtet am Himmel, dazu gesellt sich die feuerrote Abendsonne in der Gefängnisszene und stimmt auf den Tod des Helden ein, der hier von den Handlangern mit Schwertern gemordet wird. Einheitlich rot ist auch das Zigeunerleben, ritterlich vornehm schwarz mit Degen und Brustpanzer die Mannen des Grafen Luna. Artur Rucinski, der vor kurzem erfolgreich für Placido Domingo in dieser Rolle bei den Salzburger Festspielen einsprang, reüssiert auch in Venedig. Sein Graf Luna ist fein timbriert, seine Liebesarie gelingt und überzeugt in Stimme und Stimmung. Er kommt aber nicht umhin, auch in einen ausgeprägt kraftvollen Gesang einzusteigen. Jungfräulich weiß mit lockiger blonder Mähne strahlt Carmen Giannattasio als Leonore wie ein Mittelding aus Märchenfee und Vamp. Die Dramatik ihrer Stimme muss sie zähmen, um nicht zu metallisch zu wirken. In ihrer Todesszene findet sie zu zurückgenommener Weichheit und Leichtigkeit. Gregory Kunde ist ein lyrischer Troubadour, der im Duett mit Leonore viel Kraft einsetzt und wenig nuanciert. Seine Stretta gelingt kämpferisch bis fast zum hohen C. In der mütterlichen Zuneigung zu Azucena findet er seine besten Momente. Veronica Simeoni ist eine feine elegante Zigeunerin, herrschaftlich ohne Gift und Rachegelüste. Sie verpackt Muttergefühle und heimatliche Sehnsucht im warmen Mezzo.

Daniele Rustioni begleitet mehr die Sänger, die sich kraftvoll in diesem komplexen Geschehen messen, anstatt ihnen klare Tempi und Volumen vorzugeben. Manche Einsätze sind ungenau, und ein harmonisches Zusammenspiel verkommt stellenweise zu einem Wechselspiel. Aber das Publikum erlebt Dramatik und echte Gefühle, viel Verdi und ist begeistert. Kurzer kraftvoller Applaus, bevor die elegante venezianische Gesellschaft, zufrieden in der Diskussion vertieft, den glanzvollen Rahmen verlässt.

Helmut Pitsch

Fotos: Michele Crosera