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Fakten zur Aufführung 

WERTHER
(Jules Massenet)
15. August 2015
(Premiere)

Salzburger Festspiele,
Großes Festspielhaus


Points of Honor                      

Musik

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Ein Werther mit hohem Leidensdruck

Traduire! – Pourqui me réveiller: Nicht nur in seiner Parade-Arie sind seine Piani zart und betörend zugleich, Piotr Beczala ist auch sonst bei der konzertanten Aufführung als Werther bei den Salzburger Festspielen ein Ereignis. Der Ausnahmetenor weiß in Jules Massenets Oper, die auf Johann Wolfgang von Goethes Briefroman Die Leiden des jungen Werther basiert, mit reichen, leidenschaftlichen Nuancen seiner wunderbar schmelzig klingenden Stimme zu begeistern. Er ist auch zu mühelosen Höhen fähig und ebenso, wenn es drauf ankommt, zu dramatischer, mitreißender Attacke. Er gibt jeder Linie und jedem Ton scheinbar selbstverständlich die rechte Klangnuance, jedem Vokal die rechte Färbung. Seine musikalische Interpretation als verträumter, depressiver und absolut unglücklicher Dichter ist glaubhaft und nachvollziehbar.

Für Elena Garanca, die ihre todkranke, mittlerweile bereits verstorbene Mutter gepflegt und aus diesen Gründen alle Termine abgesagt hatte, eingesprungen ist Angela Gheorghiu als seine Partnerin, die von ihm über alles angebetete und seine Liebe erst zum Zeitpunkt seines Sterbens erwidernde Charlotte: Für die Sopranistin, die schon an der Wiener Staatsoper in dieser Rolle zu erleben war, liegt die Partie leider zu unbequem tief. Dafür bekannt, gestaltet sie zudem die Rolle leider recht manieriert und divenhaft. Sie kann aber, abgesehen davon, mit wunderbaren Höhen, vielen Zwischentönen und großer Empfindsamkeit aufwarten. Ein edles Pathos prägt nämlich ihren differenzierten Vortrag. Bariton Daniel Schmutzhard ist ein wunderbar nobeltimbrierter, sehr freundlicher Albert. Eine veritable Entdeckung ist Elena Tsallagova. Die junge Sopranistin singt eine mädchenhafte, wunderbar flexible Sophie und setzt ihr ein Glanzlicht auf. Giorgio Surian als etwas trockener, steifer Amtmann Le Bailli ist solide ebenso wie Martin Zysset als Schmidt und Ruben Drole als Johann, die weinseligen Kommentatoren, die in komischer Weise dem Alkohol nicht abgeneigt sind. Vital und fröhlich singen die Kinder des Salzburger Festspiele und Theater-Kinderchors, dessen Einstudierung Wolfgang Götz besorgte.

Leider kann der jüngere Dirigent Alejo Pérez  mit der Sensibilität der Sänger nicht immer mithalten, denn teils mit zu wenig Raffinement, zu wenig Eleganz, ja zu wenig französischem Parfum, dafür bei den Forte-Stellen zu knallig, ja fast brachial ertönt das Mozarteum-Orchester Salzburg. Das ist schade, denn die eigentlich gut disponierten Musikern wären zu mehr fähig gewesen, gibt es doch auch immer wieder herrliche, blühende Momente zu erleben.

Großer Jubel für die Sänger, ein paar Buhs für den Dirigenten.

Helmut Christian Mayer





Fotos: Marco Borelli