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Fakten zur Aufführung 

DER ROSENKAVALIER
(Richard Strauss)
18. August 2014
(Premiere am 1. August 2014)

Salzburger Pfingstfestspiele,
Felsenreithalle


Points of Honor                      

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Silberne Töne und elegante Einblicke

Ist ein Traum, kann nicht wirklich sein …“ – Diese gefühlvollen, finalen Worte des genialen Dichters Hugo von Hofmannsthal, die von Richard Strauss, seinem kongenialen, musikalischen Partner in noch anrührendere Töne gesetzt wurden, umschreiben ganz exakt jene hohe Qualität der Neuproduktion des Meisterwerks Der Rosenkavalier bei den Salzburger Festspielen. Es ist sicher die beste und rundum gelungenste, szenische Opernaufführung dieses Sommers und zwar sowohl was Regie, Ausstattung, Sänger, Dirigat und Orchester betrifft.

„Die Zeit, die ist ein sonderbar Ding!“ Das unwiderrufliche Verrinnen und Vergehen der Zeit ist ein essentielles Thema des Librettos von Hugo von Hofmannsthal. Harry Kupfer nimmt diese poesievollen Zeilen auf und zeigt diese Vergänglichkeit der Zeit mit faszinierenden und sinnlich-dichten Mitteln. Die populärste aller Strauss-Opern, mit der 1960 kein Geringerer als Herbert von Karajan das Große Festspielhaus bei den Salzburger Festspielen eröffnet hat, hat nun der 79-jährige Regie-Routinier in eben diesem Haus in der unzensierten Fassung ohne jegliche Striche in Szene gesetzt, und zwar in einem ungemein ästhetischen und luxuriösen Ambiente, zur Zeit ihrer Entstehung, vor dem Ausbruch des ersten Weltkrieges angesiedelt. Hans Schavernoch hat die Bühne mit viel Glas und Marmor, mit Jugendstilmöbeln und Versatzstücken aus dem Fin de siécle entworfen, Yan Tax die Kostüme. Dahinter werden Wiens imperiale Prachtbauten der Ringstraßenzeit, imposant und auch schräg projiziert, großartige Räume, die je nach Szene durch Überblendung wechseln. Man sieht aber auch das Palmenhaus, wo die Überreichung der silbernen Rose sehr stimmungsvoll gelingt, ebenso wie das Riesenrad und das Gasthaus zum Walfisch im Prater, wo die finale Maskerade stattfindet. Davor stehen einzelne angedeutete Versatzstücke, die auch fahrbar sind und die näheren Örtlichkeiten definieren. Die riesige Breitwandbühne füllt der deutsche Altmeister bis zum Verneigungsritual gekonnt und mit großer Vitalität aus. Er versteht es, die Massen zu führen und mit Leben zu erfüllen. Er versteht aber auch, die vielen intimen Szenen mit einer ungemeinen Ideen- und Detailvielfalt anzureichern. So etwa die feine Gestik und Mimik bei der Überreichung der silbernen Rose wie auch beim Abschiednehmen zum Finale. Zu diesem chauffiert übrigens der Mohr, der bei Kupfer schon erwachsen ist, die Marschallin mit dem offenen Rolls Royce von der Bühne.

Exquisit ist diesmal auch die Sängerriege: Allen voran Krassimira Stoyanova in ihrem Rollendebüt als sehr elegante Feldmarschallin: Sie singt diese innige Figur silbrig mit ungemein gepflegter Kultiviertheit, klarem Timbre, wunderbaren Legato-Bögen und großem, emotionalen Tiefgang. Vor allem in der Abschiedsszene weiß sie menschlich intensiv zu berühren. Von einem weiteren geradezu sensationellen Rollendebüt ist ebenfalls zu berichten: Jenes von Günther Groissböck als Ochs von Lerchenau: Ein Glücksgriff! Der erst 37-jährige Niederösterreicher ist ein echtes Mannsbild, fesch, schlank, durchtrainiert. Er spielt den Baron nie derb, aber immer Testosteron-gesteuert, unsympathisch, durch die weggelassenen Striche noch kantiger und setzt dafür einen sehr kultiviert geführten Bass ein. Er wird sicher zu den überragenden Vertretern dieser Partie heranreifen. Und er kann auch den Wiener Schmäh und das Idiom ideal rüber bringen. Sophie Koch ist ein frischer Oktavian mit prachtvollem Mezzosopran, blühenden Lyrismen, wunderbarer Phrasierung und herrlicher Natürlichkeit: Ebenfalls eine Maximalbesetzung! Mit etwas kleinem, aber sicherem Sopran hörte man eine zarte, etwas blass wirkende Mojca Erdmann als Sophie. Von den vielen kleineren Rollen stechen besonders Adrian Eröd als luxuriös besetzter Faninal mit weichem Bariton und Silvana Dussmann als intensive Leitmetzerin hervor. Wiebke Lehmkuhl ist eine mit viel Spielwitz ausgestattete Intrigantin Annina; etwas abfallend hingegen ihr Partner Rudolf Schasching als Valzacchi. Stefan Pop ist ein vibratoreicher Sänger mit kleinem Tenor. Zu erwähnen ist noch Tobias Kehrer als stimmkräftiger Polizeikommissar. Auch beim Chor der Wiener Staatsoper, der wiederum von Ernst Raffelsberger einstudiert wurde, sind keine Mängel festzustellen.

Kammermusikalisch durchsichtig, immer organisch, sensibel, ausgefeilt bei den vielen Details und musikantisch erlebt man Franz Welser-Möst am Pult der Wiener Philharmoniker. Der Maestro lässt den Musikern im Graben viel Raum, ihren weichen Wohlklang, die immer wieder gebrochene Walzerseligkeit, die hervorgekehrte Melancholie und den berührenden Charme der genialen Musik auszuleben.

Und nach vierdreiviertel Stunden sind sich im jubelnden Publikum alle einig: Endlich hat man wieder eine Opernaufführung erlebt, die das Prädikat festspielwürdig verdient hat.

Helmut Christian Mayer

 

Fotos: Monika Rittershaus