Fundus   Kommentar    Backstage     Medien     Medientipps     Kontakt     Impressum    Wir über uns  
   Dossier    Kleinanzeigen     Links     Facebook     Partner von DuMont Reiseverlag  
     

Fakten zur Aufführung 

FIERRABRAS
(Franz Schubert)
16. August 2014
(Premiere am 13. August 2014)

Salzburger Festspiele,
Haus für Mozart


Points of Honor                      

Musik

Gesang

Regie

Bühne

Publikum

Chat-Faktor


Rezensionen-Archiv

Aufführungen nach Name
Aufführungen nach Ort


 
 

zurück       Leserbrief

Ritter aus schwarz-weißer Steinzeit

Dass es so etwas überhaupt noch gibt. Man glaubt seinen Augen nicht zu trauen, als sich der papierne Vorhang das erste Mal hebt: Da sieht man doch tatsächlich Ritter in Rüstungen, so wie man sie sich klischeehaft vorstellt, und kitschige Kulissen wie aus einem Kindermärchenbuch. Und man ist sich bald nicht mehr sicher, ob das etwa alles ernst gemeint ist oder ob es sich um eine Parodie handeln könnte.

Weiß sind einmal die guten Christen, schwarz die bösen Mauren: Und alle stehen sie in schwarz-weißen Pappkulissen von Ferdinand Wögerbauer, uralten Kupferstichen nachempfunden, die sich beim Szenenwechsel wesentlich mehr bewegen als die Protagonisten, die in Kostüme eigenen Geschmacks gehüllt sind und von Annamaria Heinrich kreiert wurden. Das sieht man einen Rittersaal, einen Ritterturm, eine Berglandschaft, eine maurische Stadt. Peter Stein verwendet in seiner Inszenierung von Franz Schuberts selten aufgeführter Oper Fierrabras, deren Text er selbst als grauenvoll bezeichnet und deshalb auch etwas nachgebessert hat, bei den Salzburger Festspielen nicht nur gängige Klischees, sondern auch ödes Steh- und Schreittheater aus der Opern-Steinzeit ohne dramaturgischen Bogen und erweist der Wiederbelebung dieser Rarität keinen guten Dienst.

Zweifellos ist die Oper Fierrabras, die seinerzeit von Claudio Abbado in Wien wiederbelebt wurde, ein Ritterspiel rund um Kaiser Karl den Großen und den maurischen Potentaten Boland. Aber in erster Linie geht es um die Liebe: Und zwar liebt Emma, des Kaisers Tochter, den armen und einfachen Ritter Eginhard, der aber nicht standesgemäß ist. Die Maurin und Fierrabras‘ Schwester Florinda liebt wiederum Roland, einen kampfstarken Ritter. All das ist natürlich in einer Zeit, wo sich die Völker bekriegen, nicht unbedingt einfach und friktionsfrei. Als dann noch des Maurensohns Fierrabras in Gefangenschaft gerät, wird die christliche Großmut von Kaiser Karl dem Großen hyperaktiv. Wie der milde Römerkaiser Titus vergibt er allen, und es gibt nach einigen Verwirrungen und Kämpfen ein Happyend. Jeder findet seine richtige. Der Geschichte liegt das naive und schwer verdauliche Libretto von Joseph Kupelwieser zugrunde, in dem oft Probleme blitzartig und schwer nachvollziehbar gelöst werden.

Michael Schade singt den Titelhelden, teils ein wenig angestrengt, meist edel und hell. Benjamin Bernheim zeigt als stimmkräftiger Eginhard mehr Stimme als nötig und hat zu wenig Pianokultur. Julia Kleiter ist eine klischeehaft blonde, liebliche Emma mit klaren und reinsten Tönen. Dorothea Röschmann singt die Florinda sehr dramatisch und intensiv. Markus Werba ist ein sonorer Roland, Georg Zeppenfeld ein markanter Kaiser Karl, Peter Kálmán sein gewalttätiger Gegenspieler Boland und Marie-Claude Chappuis eine ideale Maragond. Die vielen komponierten Chöre werden vom Wiener Staatsoperchor, den wiederum Ernst Raffelsberger einstudiert hat, sehr homogen und klangschön gesungen.

Wie erwartet ist Schuberts Musik bereits ab der Ouvertüre wunderbar melodiös: Spinnrad-Frauenchöre, ein Gefangenenchor, herrliche, zu Herzen gehende Lieder in hoher Menge, manchmal sogar Dramatik und hochfahrende Emotionen: Die Wiener Philharmoniker unter Ingo Metzmacher, der sonst eher als der Mann für zeitgenössische Werke gilt, spielen die herrliche Musik sehr kultiviert und farbenprächtig. Allzu große Leidenschaft sucht man jedoch vergeblich.

Das Publikum ist ein wenig ratlos mit dem Dargebotenen, es klatscht aber doch sehr höflich und sehr kurz.

Helmut Christian Mayer

 

Fotos: Monika Rittershaus