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Fakten zur Aufführung 

FESTKONZERT
(Purcell et al.)
25. Mai 2015
(Einmalige Aufführung)

Salzburger Pfingstfestspiele,
Großes Festspielhaus


Points of Honor                      

Musik

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Ein fulminant göttliches Finale

Cecilia Bartoli ist ein Phänomen: Am Nachmittag steht sie noch in der durchaus anspruchsvollen Titelrolle der Reprise von Glucks Iphigénie en Tauride auf der Bühne, am Abend lässt sie frisch, munter und fulminant ihre Koloraturen als Genio in der Arie Al tuo seno fortunato aus Haydns L’anima del filosofo ossia Orfeo ed Euridice nur so sprudeln.

Götter oder das Personal des antiken Götterhimmels stehen auch im Zentrum dieses Festkonzerts, gemäß dem heurigen Motto So ruf ich alle Götter, dessen Programm sich vom Barock – Purcell und Händel – über den Klassizismus – Gluck – über die Wiener Klassik – Haydn – bis zum 19. Jahrhundert hinzieht.

Der Abend ist eigentlich eine sichere Bank. Denn bei einem solchen Aufgebot an Opernstars kann eigentlich nichts schiefgehen. Zum Finale der diesjährigen Salzburger Pfingstfestspiele lädt Cecilia Bartoli sich wieder eine Reihe von Sängern der Extraklasse ein, die vom Publikum im ausverkauften Großen Festspielhaus bejubelt werden.

Nur mit einer Arie vertreten ist Anna Netrebko. Aus Purcells Dido and Aeneas singt sie When I am laid in earth die Sterbeszene der von Gram gebeutelten Dido. Leider gestaltet sie diese nicht unbedingt stilsicher und zudem mit ihrem wunderbaren, dunklen Sopran etwas manieriert. Christopher Maltman, ebenfalls bereits am Nachmittag im Einsatz, kann mit seinem virilen, kraftvollen Bariton als Agamemnon aus Glucks Iphigénie en Aulide faszinieren. Aus Purcells King Arthur erklingt auch die Arie der Venus Fairest Isles, all isles excelling, in der Andreas Scholl mit exquisiter melodischer Qualität klangvoll und rühmend die britische Insel besingt. Und dann darf er noch den Ohrwurm Ombra mai fu aus Händels Serse, die zum Welthit gewordene Auftrittsarie des Perserkönigs Xerxes, fälschlicherweise als Largo bezeichnet, in der er eine Schatten spendende Platane besingt, zum Besten geben. 

Den Vogel schießt aber Juan Diego Flórez ab, der gleich mit drei Arien vertreten ist: Insbesondere mit dem Hit J’ai perdu mon Eurydice aus Glucks Orphée et Eurydice, in der der thrakische Sänger den endgültigen Verlust seiner Geliebten nach Übertretung des göttlichen Blickverbotes betrauert, innig gestaltend, mit mühelosen Höhen. Und dann kommt auch der Witz nicht zu kurz: Mit Au mont Ida, trois Déesses, der Erzählung des Paris vom Apfel-Urteil am Berg Ida, einem Walzer mit selbstgefälligem Refrain über ironisch leiernder Harmonik, reißt er das Publikum zu Begeisterungsstürmen hin. Denn zum Finale huldigt man der leichteren Muse, mit Offenbachs La belle Hélène, einer Mythenparodie und -travestie mit vielen humoristischen Effekten. Hier sieht man ein für jedermann wieder erkennbares Bild der Gesellschaft des zweiten französischen Kaiserreichs, unter dem Dach der Operettendiktatur Napoleons III, in der die Helden der griechischen Sage zu lüsternen, gierigen, von Konkurrenzneid und materieller Gewinnsucht besessenen Lebemänner verkommen sind. On me nomme Hélène la blonde – Dis-moi Vénus: Die Parodie eines Gebetes, das sich nicht an die Gottheit richtet, sondern an die Betende selbst und worin sich Helena vorgreifend frohgemut selbst die Absolution erteilt, singt Marianne Crebassa aus derselben Operette herrlich und mit dunklem Mezzo.

Der Salzburger Bachchor, dessen sichere Einstudierung Alois Glaßner besorgt hat, kommt oftmals dazwischen sehr ausgewogen und klangschön zum Einsatz.

Die Camerata Salzburg unter ihrem Chefdirigenten Louis Langrée findet sich in allen Stilrichtungen bestens zurecht. Es wird frisch, sauber und mit großer Spielfreude sowohl begleitend wie auch bei verschiedenen Ouvertüren, Ballettmusiken und einem Furientanz musiziert.

Unbeschreiblicher Jubel und standing ovations zeugen für ein fulminantes Finale des diesjährigen Pfingstfestivals.

Helmut Christian Mayer

 



Fotos: Andreas Kolarik